Lettland: Neue Offensive gegen Schattenwirtschaft

Jeder Fünfte erhält in Lettland sein Gehalt im Briefumschlag. Seit Beginn des Monats muss man dort nun, wenn der Arbeitgeber keine Beiträge entrichtet, "freiwillige Abgaben" zahlen und bekommt im Gegenzug kostenlose Gesundheitsversorgung. Außerdem will die Steuerbehörde rund 400.000 Personen anschreiben und ermutigen, Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Lettlands Presse verspricht sich von den Plänen nicht allzu viel.

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Diena (LV) /

Kampf gegen Windmühlen

Lettland allein wird das Problem der Schattenwirtschaft nicht lösen können, fürchtet Diena:

„Der Übergang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr würde die Gehälter in Briefumschlägen natürlich reduzieren. Aber die Schattenwirtschaft besteht nicht nur aus Münzen und Geldscheinen, die von Hand zu Hand wandern. Wir sollten die internationalen Geldwäscheskandale nicht vergessen, die die Reputation der Banken in verschiedenen Ländern erschüttert haben. Oder die Kryptowährungen, die für inoffizielle Transaktionen benutzt werden. ... Wirtschaftsexperten betonen zudem, dass die Mechanismen der Schattenwirtschaft nicht in einem, sondern in mehreren Ländern gleichzeitig bestehen. Deshalb können wir die Schattenwirtschaft nur mit den gemeinsamen Anstrengungen vieler Länder ausmerzen.“

Dienas Bizness (LV) /

Niemand wird die 663 Millionen Euro eintreiben

Dass der Plan der Steuerbehörden aufgeht, bezweifelt Dienas bizness:

„Es ist klar, dass repressive Methoden nur bedingt funktionieren und nicht neben jedem Bürger ein Polizist stehen kann. … Ein echtes Problem ist, dass wir unsere Probleme immer laut und breit besprechen. Kein Wunder, dass die Kandidaten vor der Wahl öffentlichkeitswirksam versprechen, das Problem zu lösen, auch wenn sie keine einfache Lösung haben. Wenn wir die Zahl von 663 Millionen anschauen [Steuern, die pro Jahr nicht gezahlt werden], dann ist es nicht schwer, sich vorzustellen, in was alles wir das Geld investieren könnten: Gesundheitsvorsorge, Straßen, Infrastruktur. Aber auch der fleißigste Steuerfahnder wird diese Summe nicht einkassieren.“