Der umstrittene Protest von Greta Thunberg

Mit eindringlichen Appellen für Klimaschutz ist Greta Thunberg fast in der gesamten Welt bekannt geworden. Doch neben Applaus erntet die 16-Jährige viele Hasskommentare und die Kritik, sie werde von Erwachsenen politisch instrumentalisiert. Dagegen hat sie sich selbst in einem Facebookeintrag gewehrt - doch Europas Kommentatoren sind noch immer uneins in der Bewertung der Klimaaktivistin.

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Contrepoints (FR) /

Inakzeptable Instrumentalisierung

In Davos hat Greta Thunberg erklärt, sie würde gern Vertreter der Ölbranche treffen, um ihnen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorzuwerfen. Dass diese Äußerung von Teilen der Öffentlichkeit wohlwollend aufgenommen und von der Presse verbreitet wurde, empört den Autor Drieu Godefridi, wie er in Contrepoints schreibt:

„Ein 15-jähriges Kind darf nicht heiraten und keine Immobilie kaufen. Es darf auch nicht wählen und kann die meisten Rechtshandlungen des Alltagslebens noch nicht vornehmen. Über Verbrechen gegen die Menschlichkeit soll es aber öffentlich urteilen können? Wenn ein Kind solche Verwünschungen äußert, souverän Verurteilungen - Verbrechen, Verbrecher! - und somit Hassbotschaften hervorbringt, überschreitet seine Instrumentalisierung die Grenzen dessen, was in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat akzeptabel ist. Es handelt sich um eine missbräuchliche Fanatisierung der Kindheit.“

Echo24 (CZ) /

Greta bedient billige Emotionen

Weshalb Greta Thunberg zum Aushängeschild des Klimaschutzes wurde, erläutert Echo24:

„Längst ist das Mädchen eine Berühmtheit im Kampf gegen den laxen Umgang mit Umweltproblemen geworden. ... Die Reisen eines 16-jährigen Mädchens um die Welt, das - so beschreibt sie sich selbst - als Autistin die Dinge eher in Schwarzweiß sieht, können jedoch höchstens das Bedürfnis des Publikums befriedigen, die eigenen Gefühle zu bejubeln. Die Unreife von Greta Thunberg ist nicht ihr Nachteil. Sie wendet sich an eine Gesellschaft, die selbst noch unreif und auf die tägliche Versorgung mit billigen Emotionen angewiesen ist.“

The Guardian (GB) /

Junge Aktivisten verdienen es, gehört zu werden

Niemandem sollte wegen seines Alters der Mund verboten werden, findet hingegen The Guardian:

„Junge Menschen haben eine eigene und wertvolle Perspektive. Sie verdienen es, gehört zu werden. ... Es gibt berechtigte Fragen zum Einfluss von Eltern und anderen Erwachsenen auf Kinder, die pointierte Meinungen vertreten. Doch wir sollten Bemühungen von Kindern und Jugendlichen, sich Gehör zu verschaffen und Entscheidungen zu beeinflussen, respektieren und begrüßen. Letztlich werden sie mit den Folgen länger leben müssen als der Rest von uns. ... Wenn Kinder auf die Straßen gehen wollen und ein energischeres Vorgehen gegen eine drohende Katastrophe fordern, kann ihnen das wirklich niemand vorwerfen.“

Göteborgs-Posten (SE) /

Schülerin wird instrumentalisiert

Zu weit gegangen ist der von der Zentrumspartei finanzierte Thinktank Fores, der Greta Thunberg zur Klimaexpertin erkoren hat, meint Göteborgs-Posten:

„Es ist ausgezeichnet, wenn junge Menschen sich für wichtige Fragen interessieren. Aber Kinder sind keine Orakel, keine Erlöser, die man krönen und denen man folgen muss. Sie sind verwundbar und beeinflussbar, weil sie eben Kinder sind, und sie haben ein Recht auf Würde und Integrität. Das gilt unabhängig davon, wie begründet ihre Ansichten sind und wie sehr sie im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen wollen. Und ungeachtet dessen, wie gut die Sache ist, für die sie sich engagieren. Wenn Fores jetzt seine Plattform einer 15-Jährigen anbietet, droht die Debatte zu verflachen. Darüber hinaus wird ein Kind auf ungesunde und unethische Weise ausgenutzt.“

Aftonbladet (SE) /

Kindermund tut Wahrheit kund

Manche der Lorbeeren, mit denen Greta Thunberg nun bedacht wird, sollten mit heiterer Gelassenheit genommen werden, empfiehlt Aftonbladet:

„Dass Kinder und Betrunkene die Wahrheit sagen, ist allgemein bekannt. Selten war diese Redensart zutreffender als im Fall von Greta Thunberg. Ihre Botschaft ist kristallklar: Reiche Länder wie Schweden müssen ihre Emissionen um mindestens 15 Prozent jährlich reduzieren, um das Ziel von zwei Grad zu erreichen. … Limhamns Kirche hat mit einem Augenzwinkern auf Twitter geschrieben, dass Jesus jetzt Greta Thunberg zu seiner Nachfolgerin erkoren hat. Doch das haben natürlich manche als unangebracht und blasphemisch kritisiert. Die Welt hat anscheinend nicht nur ein Problem mit einer beschleunigten Klimakrise, sondern auch mit einem Mangel an Humor, was fast genauso beunruhigend wirkt.“