Demokraten-Vorwahl: Am Ende doch Sanders?

Der linke Senator Bernie Sanders hat die zweite Vorwahl der US-Demokraten für sich entschieden. In New Hampshire setzte er sich mit 26 Prozent knapp gegen den pragmatisch-moderaten Pete Buttigieg durch, der die Vorwahl in Iowa um Haaresbreite gewonnen hatte. Europas Kommentatoren loten Sanders' Chancen aus und blicken dabei auch zurück auf die US-Wahl vor vier Jahren.

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Financial Times (GB) /

Der Sozialist auf der Erfolgsspur

Sanders könnte sich zum Favoriten der Demokraten-Vorwahlen mausern, analysiert Financial Times:

„Sanders' Wähler glauben, er könnte die Präsidentenwahl gewinnen. 'Bernie besiegt Trump' ist ein allgegenwärtiger Slogan. Der große Rest der Demokraten denkt das Gegenteil. Dieser Teil der Partei sucht weiter eifrig nach der Person, die sowohl Sanders als auch Trump schlagen kann. Das könnte sich als sehr schwierige Aufgabe erweisen. Immerhin erhielt Sanders sowohl in Iowa als auch in New Hampshire die meisten Stimmen. Darüber hinaus hat er die Chance, in diesem Monat noch in Nevada und South Carolina Siege zu erzielen. Wenn sich der Rest der Partei nicht auf eine Alternative einigen kann, muss der Sozialist aus Vermont als knapper Favorit gewertet werden.“

News.bg (BG) /

Ideologisch zu eng

Mit Sanders an der Spitze hätten die Demokraten kaum eine Chance gegen Trump, glaubt hingegen news.bg und verweist auf Großbritannien:

„Ein ähnliches Sujet hat sich bereits in Großbritannien abgespielt, wo die Konservativen einen ihrer beeindruckendsten Wahlsiege seit Jahrzehnten errungen haben. Die Gründe dafür waren vielfältig, doch einer der bedeutendsten war das viel zu enge ideologische Profil des Oppositionsführers [Jeremy Corbyn]. Es bleibt abzuwarten, ob die Linken in den USA eine Lehre aus der Niederlage ihrer britischen Kollegen gezogen haben. … Ein US-amerikanischer Jeremy Corbyn wäre im November eine relativ leichte Beute für die Republikaner.“

Lidové noviny (CZ) /

Hauptsache, ein Anti-Trump

Die Vorwahlen der Demokraten laufen völlig anders an, als vom Establishment der Partei erwartet, konstatiert Lidové noviny:

„Dort hat man an der Spitze der potenziellen Herausforderer Trumps den früheren Vizepräsidenten Joe Biden erwartet. Der verliert aber haushoch und kann seinen Traum wohl schon begraben. ... Chancen unter den Demokraten hat der, der den Eindruck erweckt, dass er Trump schlagen kann. Alles andere ist zweitrangig. Der Anti-Trump sein zu können, ist die wichtigste Qualifikation für diese Wahlen, ohne dass der Kandidat irgendein positives Programm vorlegen muss. Es reicht, sich in jeder Situation völlig gegensätzlich zu verhalten, als sich Trump verhalten würde. Wird Bernie Sanders der erste, der mit einer solchen Anti-Kampagne erfolgreich sein kann?“

newsru.com (RU) /

Und wieder ein Heilsbringer

Der in Russland und den USA lehrende Wirtschaftsprofessor Konstantin Sonin vergleicht in einem von newsru.com übernommenen Facebook-Post das Phänomen Sanders mit dem Phänomen Trump:

„Sanders sieht gerade deshalb wie der erfolgversprechendste Anwärter aus, weil er Trump vor vier Jahren ähnelt. Natürlich sticht er ihn bei den Manieren aus - Sanders ist schließlich Profi-Politiker -, und hat er mehr Faktenverständnis. Doch was sein 'revolutionäres Profil' betrifft, ist er ebenso weit vom demokratischen Establishment entfernt, wie Trump es vom republikanischen war. Sanders Hauptstärke - auch dies eine Parallele zu Trump - ist das Vorhandensein eines 'harten Kerns' an Anhängern, für die er Orakel und Lichtgestalt ist. ... Wegen dieses Kerns scheuen sich die anderen Kandidaten, ihn zu attackieren: Denn sie brauchen diese Wählerschaft selbst, falls sie gewinnen.“