Sollte man anderen beim Suizid helfen können?

Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat das Verbot der Beihilfe zum Suizid gekippt. Dieses verstoße gegen das Recht auf freie Selbstbestimmung. Aktive Sterbehilfe - also Tötung eines anderen auf dessen ausdrücklichen Wunsch - bleibt weiterhin strafbar. In Österreichs Kommentarspalten trifft man auf nachdenkliche Zustimmung.

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Wiener Zeitung (AT) /

Dieses Urteil verpflichtet uns alle

Die Wiener Zeitung überlegt, was die Richter zu ihrer Entscheidung geführt haben mag:

„Für die nunmehrige Aufhebung des Beihilfeverbots sprechen weniger grundsätzliche als praktische Gründe. Die Grenzen beim Sterben sind fließend, was die betreuenden Ärzte juristisch angreifbar macht. Der Tod hält sich nicht an die vorgebliche Eindeutigkeit juristischer Kategorien. ... In der Beibehaltung des Verbots der aktiven Sterbehilfe liegt ... eine Verpflichtung. Wer als Gesellschaft dafür eintritt, muss es auch für die Hospiz- und Palliativbetreuung tun. Nur wenn es uns als Gemeinschaft gelingt, Sterbende auf ihrem Weg menschenfreundlich und menschenwürdig zu begleiten, erhält der Verzicht auf das Mittel der aktiven Sterbehilfe das nötige moralische Fundament.“

Der Standard (AT) /

Es wäre ein schönerer Tod gewesen

Journalistin Saskia Jungnikl, die 2014 ein vielbeachtetes Buch über den Suizid ihres Vaters veröffentlicht hat, begrüßt das Urteil. Denn die meisten Menschen, die sich töten, wollen nicht sterben, erklärt sie im Standard:

„Die meisten sehen keinen Sinn mehr im Leben, keinen Ausweg, keine Zukunft. Sehr oft sind sie einsam ... und sehr oft können sie nicht um Hilfe bitten. Ein Schritt, den das Urteil erleichtern könnte. ... Hätte mein Vater mit mir über seinen Wunsch zu sterben reden können, wäre ich mit ihm zum Therapeuten gegangen. Zu einem Arzt. Wenn ... der Wunsch zu sterben geblieben wäre, hätte ich ihn bei erlaubter Sterbehilfe in seinen letzten Minuten begleiten können. Ich hätte mich verabschiedet, seine Hand gehalten, und wir hätten ihn mit all unserer Liebe umgeben und einen Abschied ermöglicht, der nicht einsam und voller Angst hätte sein müssen. Es wäre ein schönerer Tod gewesen.“