Macron: Milliardenhilfe für Marseille

Frankreichs Präsident will Marseille angesichts blutiger Bandenkriege, maroder Infrastruktur und sozialer Probleme mit Geld auf die Beine helfen. Der Marseille-Plan, den Macron am Donnerstag bei einem dreitägigen Besuch vorstellte, umfasst Investitionszusagen von vier Milliarden Euro für Schulen, Wohnungsbau und die Sicherheit in verarmten Hochhausvierteln. Kommentatoren halten wenig von der Initiative.

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Contrepoints (FR) /

Das Problem ist die Plünderung

Das Hauptproblem der hochverschuldeten südfranzösischen Metropole sind ihre Verwalter, schimpft Bloggerin Nathalie MP Meyer in Contrepoints:

„Stärker als unter Vernachlässigung leidet Marseille unter Verhältnissen wie in Griechenland: unter einer Art klientelistischer Plünderung der öffentlichen Kassen durch gewählte Mandatsträger, mittels einer weitestgehend parteipolitisch besetzten Verwaltung. ... Lieber zahlen und den Staub unter den Teppich kehren, als den eigenen politischen Rückhalt gefährden. ... Das einzige Ziel: sich so lange wie möglich an der Macht halten. Und die leicht zu durchschauende Technik: Ohne Unterlass im Namen dessen, was man die Besonderheit von Marseille nennen könnte, 'weitere Mittel' fordern. ... Warum sollten die nun von Emmanuel Macron versprochenen Milliarden besser ausgegeben werden als die bisherigen?“

Libération (FR) /

Know-how vor Ort nutzen, nicht die Gießkanne

Macrons Scheckbuch-Politik reicht nicht, beklagt in Libération die Bürgerinitiative Collectif du 5 novembre, gegründet 2018, nachdem schlecht unterhaltene Wohnhäuser im Viertel Noailles eingestürzt und acht Menschen gestorben waren:

„Ein Präsident folgt auf den nächsten, Wahlkampfzeiten und Dramen wiederholen sich. ... Diese PR-Maßnahme konzentriert sich ignorant auf Zahlen, die man aus dem Hut zaubert, ohne ihre Bedeutung wirklich zu verstehen. Doch es gibt noch einen anderen Weg: Fachleuten, Bürgergruppen, Vereinen und Experten zuhören, die seit Jahren Vorschläge auf den Tisch legen. Und dieser Weg funktioniert: Er hat es unserem Kollektiv, den ausquartierten Menschen und unseren Partnern erlaubt, dem Staat und der Marseiller Stadtverwaltung im Juli 2019 eine eigene Politik aufzuzwingen, um der damals bereits neun Monate andauernden Evakuierungskrise endlich entgegenzuwirken.“