Berlusconi als italienischer Staatspräsident?

Am 24. Januar beginnt in den vereinigten Parlamentskammern die Wahl des Nachfolgers von Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella. Die Mitte-rechts-Parteien haben sich auf Silvio Berlusconi als gemeinsamen Kandidaten geeinigt. Der Ex-Premier war wegen Skandalen fast von der Bühne verschwunden und jahrelang mit einem Amtsverbot belegt. Sein Comeback wäre ein Skandal, urteilt die Presse.

Alle Zitate öffnen/schließen
La Repubblica (IT) /

Ein systemgefährdendes Experiment

Besorgt um die Zukunft der Republik zeigt sich La Repubblica:

„Die Kandidatur von Silvio Berlusconi ist keine harmlose Auszeichnung, die man zum Ende seiner Karriere einem alten Protagonisten verleiht. Im Gegenteil, es handelt sich um eine politische Entscheidung mit einer präzisen Bedeutung, die - sollte sie sich erfüllen - langfristige Auswirkungen auf das gesamte System der Republik haben könnte. Fast dreißig Jahre nach dem Einstieg in die Politik stellt die Verklärung des Cavaliere als Staatsoberhaupt die endgültige Vorherrschaft der Ideologie über die Geschichte dar, die umgestoßen, verunglimpft oder einfach ignoriert werden kann, um an der Spitze des Landes ein Herrschaftsexperiment zu etablieren, das sich vor allem gegen die Wahrheit richtet.“

ctxt.es (ES) /

Von der Wahl ausschließen

Die Feministinnen Tiziana Plebani und Mara Bianca veröffentlichen auf ctxt.es ein von 6.000 Personen unterzeichnetes Manifest:

„Wir sind empört darüber, dass diese Kandidatur für die Präsidentschaft der Republik nicht rundweg abgelehnt wurde, dass er nicht sofort und ohne das geringste Zögern aus dem Rennen genommen wurde. Ein Mann, der einen absoluten Mangel an Ethik und Sinn für den öffentlichen Dienst an den Tag gelegt hat und der wiederholt die Würde der Frauen verletzt hat, darf nicht zugelassen werden. ... Wir fordern nicht, dass er auf der Grundlage eines Spiels von Stimmen und Bündnissen ausgeschlossen wird, sondern dass seine Kandidatur für unzulässig erklärt wird.“

La Stampa (IT) /

Leider kein Scherz

Auch die Linke trägt hier eine Mitschuld, findet La Stampa:

„In jedem anderen Land der Welt wäre dies ein Witz. Aber trotz eines nicht ganz sauberen Curriculums und eines Stimmenanteils der eigenen Partei von nur sieben Prozent ist der Cavaliere wieder zum Chef des Mitte-rechts-Lager in dieser wichtigsten Partie einer Demokratie geworden [den Wahlen]: Er kann seine Verbündeten mit in die Niederlage ziehen oder in letzter Minute einen vermittelnden Namen vorschlagen, aber er hält die Karten in der Hand. ... Dies bedeutet die schlimmste Anklage für die Linke, die auch nach dem Sturz Berlusconis nicht in der Lage war, ihn politisch des Platzes zu verweisen.“