Griechenland: Prozess nährt Zweifel an Justiz

Der berühmte griechische Schauspieler und Regisseur Dimitris Lignadis, der wegen Vergewaltigung von zwei Jungen zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt worden war, wurde bis zur Berufung freigelassen. Im Kulturbetrieb gab es daraufhin Protestaktionen, im Land eine lebhafte Debatte. Profitiert der ehemalige Leiter des griechischen Nationaltheaters von seiner oft erwähnten Nähe zur konservativen Regierung?

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Documento (GR) /

Das kann so nicht funktionieren

Der Kolumnist Kostas Vaxevanis schreibt in Documento:

„Für den Staatsanwalt und den Ermittler, die Lignadis als Angeklagten inhaftiert hatten, stand fest, dass er gefährlich ist - aber für das Gericht ist er, obwohl er verurteilt wurde, harmlos. Wer wird diese rechtliche Schizophrenie interpretieren und wie? ... So kann die Justiz nicht weiter funktionieren. Es bedarf einer radikalen demokratischen Reform durch einen sinnvollen Dialog mit der Gesellschaft und ihren Akteuren. ... Das ist keine Einmischung in die Arbeit der Justiz, sondern eine politische Verpflichtung. Der Vergewaltiger muss für die Justiz das sein, was er für die Gesellschaft ist. Er kann nicht zu einem Freund von [Premier] Mitsotakis erklärt werden, um ein anderes Urteil zu bekommen.“

News247 (GR) /

Bitte keine Volksgerichte

Das Webportal News247 veröffentlicht eine Pressemitteilung der Union der Richter und Staatsanwälte, die die Rechtsprechung verteidigt:

„In jüngster Zeit kommt es verstärkt vor, dass an das Rechtsempfinden der Öffentlichkeit appelliert wird. Die Anrufung und Ausnutzung des allgemeinen Gerechtigkeitssinns erfordert besondere Vorsicht, denn wir können sehr leicht auf Abwege zu Volksgerichten und Hexenverbrennungen jeder Epoche geraten. ... Die einzige stabile Garantie für den Schutz [da]vor sind der Rechtsstaat und seine Institutionen, einschließlich der unabhängigen Justiz, die ihre Entscheidungen auf der Grundlage der in den Akten befindlichen Beweise und der gesetzlichen Beweismittel trifft, wie es die Verfassung und die Gesetze anerkennen und wie es die Grundprinzipien des fairen Verfahrens und des Schutzes der Rechte des Einzelnen verlangen.“