Tschechien: Freispruch für Babiš kurz vor der Wahl

Der tschechische Ex-Premier Andrej Babiš ist wenige Tage vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Tschechien überraschend von einem Gericht vom Vorwurf des Betrugs mit EU-Geldern freigesprochen worden. Kommentatoren befassen sich mit der Frage, wie die Chancen des Oligarchen auf das höchste Staatsamt nun gegenüber seinen Hauptkonkurrenten - dem Ex-General Petr Pavel und der Wirtschaftsprofessorin Danuše Nerudová - stehen.

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Mladá fronta dnes (CZ) /

Grandioses Finale

Mladá fronta dnes erwartet nun massiven Rückenwind für den Ex-Premier:

Babiš wird jetzt noch eine Reise durch die Republik absolvieren. In Paris wird er vom De-facto-Herrscher Europas Emmanuel Macron empfangen und er wird den berühmtesten tschechischen Schriftsteller Milan Kundera treffen. Dann folgt seine einzige Teilnahme an einer TV-Präsidentschaftsdebatte, die riesige Einschaltquoten verspricht. Und er gewann triumphal vor Gericht, das sich mit dem 15 Jahre alten Fall Storchennest befasste. Kann man sich ein idealeres Finale für seinen Wahlkampf vorstellen?“

Hospodářské noviny (CZ) /

Das wird ihm kaum helfen

Hospodářské noviny glaubt nicht, dass der Weg von Babiš auf die Prager Burg nach dem Gerichtsurteil leichter wird:

„Der Freispruch wird Babiš weniger helfen, als es jetzt den Anschein hat. Er wird ihm ein paar Prozent einbringen, die ihn in die zweite Runde der Präsidentschaftswahl schicken. Doch die wird der Oligarch verlieren. Der Abstand zwischen ihm und Petr Pavel und Danuše Nerudová zusammen beträgt jetzt fast zwanzig Prozentpunkte. Innerhalb von drei Wochen bis zur Stichwahl hat noch nie jemand einen solchen Rückstand aufgeholt. Babiš kann froh sein, dass ihm keine Haft mehr droht. Aber auf der Prager Burg wird er seine Freiheit nicht genießen.“

Respekt (CZ) /

Wahlen in außergewöhnlichen Zeiten

Respekt beschreibt die Besonderheit dieser Präsidentschaftswahlen:

„Sie sind ungewöhnlich, denn sie finden zu einer Zeit statt, in der nicht weit von unseren Grenzen Krieg tobt. Wir müssen grundlegende Energie- und Wirtschaftsfragen lösen. Darüber hinaus sind wir stark gespalten, oft aufgrund der Aktivitäten pro-russischer Manipulatoren. Tschechien braucht eine Person auf der Burg, die über die Verfassungsmäßigkeit, die demokratischen Institutionen und über die westliche Ausrichtung des Landes wacht. Allein die Tatsache, dass der neue Präsident die überwiegende Mehrheit der Verfassungsrichter bestimmen wird, wird dieses Land die kommenden Jahre prägen.“