Konflikt zwischen Trump und US-Unis: Ein Kulturkampf?

Der Clinch zwischen Präsident Trump und US-Eliteuniversitäten spitzt sich weiter zu: Nach dem Vorwurf, Hochschulen seien nicht energisch genug gegen propalästinensische Demos vorgegangen, hatte Trump die Streichung von Fördermitteln und den Ausschluss ausländischer Studierender aus Harvard angedroht. Letzteres wurde per einstweiliger Verfügung eines US-Gerichts vorerst gestoppt. Kommentatoren beleuchten Hintergründe.

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Der Standard (AT) /

Feldzug gegen Symbole der Weltoffenheit

Mit seinem Vorgehen gegen die Universitäten schadet der US-Präsident auch seinem Land, betont Der Standard:

„Auch seinen Wählerinnen und Wählern erweist Trump mit seiner Entscheidung einen Bärendienst: Jene ausländischen Studierenden, die es schaffen, an einer Ivy-League-Universität [acht Elite-Unis im Nordosten der USA] aufgenommen zu werden, sind Hoffnungsträger für künftige Forschungsdurchbrüche und unternehmerische Erfolge. Indem man sie des Landes verweist, wird auch die Grundlage für den künftigen Wohlstand in den USA untergraben. ... Dass ausgerechnet Harvard ins Visier gerät, ist kein Zufall – die Universität steht symbolisch für vieles, wovon sich Trump bedroht fühlt: Weltoffenheit, kritisches Denken, globale Kooperation und intellektuelle Freiheit.“

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Kein Hirngespinst

Die Neue Zürcher Zeitung kann das Vorgehen des US-Präsidenten gegen Harvard nachvollziehen:

„Trump führt den Kampf gegen Harvard wie eine Fehde. Und er kämpft so rücksichtslos, wie man es von ihm gewohnt ist. Erneut weiss man nicht, ob er wieder eine absurde Drohung in den Raum gestellt hat, nur um sie später zurückzuziehen. Aber Trump kämpft nicht gegen ein Hirngespinst, sondern gegen ein Problem, das sich nicht aus der Welt reden lässt: Wenn Studierende bedroht werden, weil sie jüdisch sind oder eine Meinung vertreten, die der Mehrheit nicht passt, herrscht keine Freiheit. Und wenn Forschung und Lehre in Aktivismus abgleiten, kann von Wissenschaft nicht mehr die Rede sein.“

Echo (RU) /

Über den Kopf aller hinweg entschieden

Sergej Vakulenko, Analyst beim Carnegie Russia Eurasia Center, sieht in einem von Echo übernommenen Facebook-Post auch israelische Studierende als Leidtragende:

„Trump hat sich Harvard im Namen des Kampfes gegen den Antisemitismus vor die Brust genommen. Die Art und Weise ist interessant – auf einen Hieb allen ausländischen Studenten die Studentenvisa entziehen. ... Interessant, wie viele israelische Studenten Harvard oder andere amerikanische Universitäten unter dem Einfluss der Proteste verlassen haben. Ich kann mir vorstellen, dass es einige von ihnen getan haben, weil es ihnen unangenehm war oder sie Angst um ihr Wohlergehen hatten. Aber jetzt hat Trump mit einem Schlag für alle Israelis entschieden.“

La Libre Belgique (BE) /

Selbstsabotage

La Libre Belgique analysiert:

„Der Angriff auf ausländische Studierende zeigt den Willen, Harvard in die Knie zu zwingen. ... Doch in wessen Interesse, abgesehen von ideologischen Streitigkeiten oder persönlicher Rachsucht? Ausländische Studierende sind ein Segen für die Universität und die lokale Wirtschaft. Und vor allem sind sie eine unvergleichliche Quelle intellektueller Bereicherung für das Land. Auf ihren Beitrag zu verzichten, würde bedeuten, eine der Grundlagen der amerikanischen Spitzenleistungen zu untergraben: die Vorherrschaft in den Bereichen Wissen, Wissenschaft und Forschung. ... Und die Konkurrenz war noch nie so stark wie heute. Man muss sich nur die erstaunlichen Fortschritte Chinas in der Raumfahrt oder bei der KI ansehen, um sich davon zu überzeugen. Will sich Amerika selbst sabotieren?“