Rumänien: Pro-Europäer Bolojan zum Premier ernannt
Nach vier Verhandlungswochen mit Parlamentsparteien hat Rumäniens neuer Präsident Nicușor Dan den Pro-Europäer Ilie Bolojan zum Regierungschef ernannt. Dan sagte, Bolojan sei "die am besten geeignete Person, um die notwendigen Reformen des rumänischen Staatsapparats durchzuführen". Der liberale Politiker muss noch vom Parlament bestätigt werden. Kommentatoren debattieren vor allem über die Aufgaben, die nun anstehen.
Kandidat mit Managertalent
G4Media.ro schreibt über Ilie Bolojan:
„Aber wer ist dieser Politiker wirklich, der dafür bekannt ist, in der Vergangenheit [als Bürgermeister] die Stadt Oradea radikal verändert und in der Lokalverwaltung tiefgreifende Einschnitte vorgenommen zu haben? Er hat selbst in mehreren Interviews gesagt, dass er ein Managertalent hat. Diese Herangehensweise hat Vorteile – eine Führung von harter Hand, die auf Ergebnisse aus ist – und Nachteile: fehlende Verhandlungserfahrung und Vorwürfe, autoritär zu sein. … Bolojan spricht auch keine Fremdsprachen. ... Er ist in seiner [nationalliberalen] Partei PNL bekannt dafür, dass er viel liest. ... Und zudem gilt er als nüchterner Typ, der nicht auf Protokoll und Prunk steht.“
Sparzwang ist absehbar
Der Rumänische Dienst der Deutschen Welle beschreibt eine brisante wirtschaftliche Lage, die gelöst werden muss:
„Um das Haushaltsdefizit bis 2030 zu korrigieren, sind ehrgeizige Steuerreformen und eine strenge Haushaltskontrolle erforderlich. … Doch die Prognosen der EU-Kommission für das rumänische Budgetdefizit gehen auch in diesem und im nächsten Jahr von hohen Zahlen aus: 8,6 Prozent (2025) und 8,4 Prozent (2026). Zudem könnte die öffentliche Verschuldung im Jahr 2026 die Risikoschwelle von 60 Prozent des BIP überschreiten. Rumänien würde dann das Vertrauen der Märkte verlieren und in eine untragbare Haushaltslage geraten. Ohne glaubwürdige und schnelle Steuerreformen riskiert Rumänien die Verhängung von EU-Sanktionen.“
Mit den alten Bekannten wird sich nichts ändern
Ziarul Financiar hat wenig Hoffnung, dass es zu nötigen Reformen kommen wird:
„Dieselben Politiker, die Rumänien in die alarmierende Situation gebracht haben, jetzt 5 bis 6 Milliarden Euro zu finden, um den Haushalt zu retten – eigentlich eine kleine Summe bei einem BIP von 400 Milliarden Euro und EU-Mitteln von 80 Milliarden Euro – tun jetzt so, als ob sie sehr besorgt seien. ... Mit einer kompetenten Regierung hätten wir in der Vergangenheit eigentlich einen Haushalts- und Handelsüberschuss einfahren müssen. ... Sollen wir tatsächlich glauben, dass Bolojan und Co., also die Parteigruppen und Cliquen, die seit Jahrzehnten die Ressourcen Rumäniens unter sich aufteilen, jetzt anders handeln werden, als sie es bisher getan haben?“