Finnland: Sanna Marin veröffentlicht Autobiografie

Die ehemalige finnische Ministerpräsidentin (2019 bis 2023) Sanna Marin hat ihre Autobiografie mit dem Titel "Hope in Action – Die Zukunft gehört uns" vorgestellt. Darin berichtet die 40-Jährige unter anderem, wie sie und andere weibliche Regierungsmitglieder mit Frauenhass und Sexismus konfrontiert wurden. Kommentatoren haben das Buch gelesen und machen sich ihren eigenen Reim darauf.

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Expressen (SE) /

Da macht es sich jemand sehr leicht

Diese Autobiografie weist Erinnerungslücken auf, bemerkt Linda Jerneck von Expressen:

„Ihre Amtszeit war auch von Skandalen geprägt – einige waren nur ein Sturm im Wasserglas, andere waren schwerwiegender. Zum Beispiel, als die Ministerpräsidentin eine Party in der Residenz Villa Bjälbo veranstaltete und ihre Freunde Nacktfotos im Presseraum der Regierung machten. Marin versucht den Eindruck zu erwecken, dass die Empörung darauf zurückzuführen ist, dass sie jung und eine Frau ist und nicht in das Klischee einer Politikerin passt. Aber damit macht sie es sich sehr leicht. Den größten Skandal – die Uniper-Affäre – erwähnt Sanna Marin mit keinem Wort. Aber eine Affäre, die das staatliche Unternehmen Fortum rund sechs Milliarden Euro gekostet hat, passt wohl nicht in ihr Narrativ, dass alle Kritik auf Sexismus beruht.“

Helsingin Sanomat (FI) /

Durchsetzungsfähige Machtpolitikerin

Gerade weil Marin sich nicht in die Opferrolle begibt, ist ihre Geschichte inspirierend, meint Helsingin Sanomat:

„Marins Buch vermittelt internationalen Lesern das Bild einer jungen Frau, die die Institution des Ministerpräsidenten ins Wanken bringt und nur mit Mädchen und Homosexuellen auf ausgelassenen, aber unschuldigen Partys tanzen will. … Vor den finnischen Medien tritt jedoch eine entschlossene und sogar autoritär wirkende politische Anführerin auf, die keinerlei Probleme damit zu haben scheint, das Amt der Ministerpräsidentin und den damit verbundenen Druck zu tragen. … Sanna Marin passte nicht immer in die für junge Frauen typische Schublade, weil sie entschlossen die Macht übernahm, mutig politische Spiele spielte, ihre Botschaft nicht abmilderte und sich nicht entschuldigte. Das ist keine berührende Gutenachtgeschichte, aber sie ist inspirierend.“

New Statesman (GB) /

Auf internationaler Bühne erfolgreich

New Statesman nimmt das Buch zum Anlass, um an Marins internationale Errungenschaften zu erinnern:

„Die bleibende Leistung ihrer Regierung war nicht nur der Beitritt zur Nato, sondern auch die Abstimmung mit Schweden, sodass die beiden nordischen Staaten gemeinsam einen Antrag auf Beitritt zum Bündnis stellten. ... Die Wahl 2023 verlor sie jedoch, weil die Finnen sich stärker für die rapide gestiegene Staatsverschuldung unter ihrer Regierung interessierten als für eine inspirierende Krisenmanagerin auf internationaler Bühne. Das nordische Wohlfahrtsmodell, das Marin die Bildung und die Chance gab, ihr Land zu regieren, bleibt für die finnischen Wähler weiterhin oberste Priorität.“