"Waldmenschen" in Italien: Eltern verlieren Sorgerecht

Einem britisch-australischen Ehepaar wurde in Italien das Sorgerecht für seine drei Kinder entzogen, weil die Familie in einem abgeschiedenen Waldhaus in der mittelitalienischen Bergregion Abruzzen lebte – ohne Zugang zu Strom, Gas und fließendem Wasser. Die Kinder, eine acht Jahre alte Tochter und sechsjährige Zwillinge, wurden von einem Hauslehrer unterrichtet. Italienische Kommentatoren ordnen ein.

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La Stampa (IT) /

Wer entscheidet über das Wohl der KInder?

Die Kolumnistin Assia Neumann Dayan erörtert in La Stampa die Rolle des Staates:

„Kinder gehören weder dem Staat noch ihren Eltern. ... Maßgeblich sollte der Begriff der Verantwortung sein. Es ist meine Verantwortung, Entscheidungen zu treffen, die auf das Wohl und die Interessen meines Kindes ausgerichtet sind – geschieht das nicht, hat der Staat die Pflicht einzugreifen. Aber wer entscheidet, was das Beste für mein Kind ist? ... Selbst ein Zuviel an Liebe kann zu realen Schwierigkeiten führen. Das gilt sowohl für Eltern, die ihren Kindern GPS-Tracker anlegen, als auch für jene, die Angst vor Mikroplastik haben. ... Würden wir denjenigen, die unsere Weltanschauung nicht teilen, die Kinder wegnehmen, würde zum demografischen Winter auch ein demokratischer Winter hinzukommen.“

Avvenire (IT) /

Gratwanderung zwischen Pflicht und Freiheit

Wie weit haben wir uns dem Gesellschaftsmodell anzupassen, dem wir angehören, fragt der Rechtsgelehrte Tommaso Greco in Avvenire:

„Wir wissen, dass einige der dringlichsten Pflichten wie etwa einst die Wehrpflicht (die manche zudem unvorsichtigerweise wieder einführen möchten) die Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen beinhalten. ... Gibt es diese Möglichkeit auch in Bezug auf einige der Pflichten, die in diesem Fall eine Rolle spielen? ... Wenn ja, würde sich die Lage grundlegend ändern, und wir müssten die Freiheit einiger Bürger wahrscheinlich anerkennen, ihre Lebenspläne selbstbestimmt zu verfolgen, solange sie natürlich die sozialen Interessen und das Wohl der Gemeinschaft wahren. Diese Fragen tauchen immer wieder auf und sollten ernst genommen werden.“