EU-Staaten vereinbaren Verschärfung der Asylpolitik

Die EU will die Asylregeln vereinheitlichen: Die EU-Innenminister haben sich unter anderem auf einfachere Ablehnungen von Asylanträgen und eine gemeinsame Liste "sicherer Herkunftsländer" zur Beschleunigung von Abschiebungen geeinigt. Zudem soll es "Umsiedlungen" innerhalb der EU geben und auch die Möglichkeit, "Rückkehrzentren" in "sicheren Drittstaaten" einzurichten. Das Presse-Echo ist gespalten.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Es braucht ein erträgliches Maß an Migration

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hält die Beschlüsse für überfällig:

„Wer unterstellt, damit solle jedwede Einwanderung 'abgeschottet' werden, verkennt den Zweck dieser Politik. Reguläre Einwanderung ist umso einfacher zu rechtfertigen und zu integrieren, je geringer die irreguläre ist. Das ist der Zweck: Aus dem Zu-Viel ein erträgliches Maß zu machen. Nicht die jetzt tonangebenden EU-Innenminister haben die Situation heraufbeschworen, in der das nötig ist, sondern eine Auslegung des Flüchtlingsrechts, die jeden damit beglücken will.“

Pravda (SK) /

Gesteuerte Anwerbung statt riskanter Wanderung

Pravda atmet auf:

„Dem im Juni 2026 in Kraft tretenden Pakt zufolge wird Migration endlich gesteuert. Rückführungszentren für Asylsuchende werden außerhalb der EU eingerichtet. ... Dies ist ein Warnsignal für Migranten. Lohnt es sich überhaupt noch, sein Leben auf einer gefährlichen Reise zu riskieren, die oft den gesamten Besitz kostet, der letztendlich in den Taschen von Banden landet? Migration lässt sich nicht aufhalten, sie ist ein menschliches Bedürfnis. Und Europa braucht zweifellos auch Arbeitskräfte. Es muss nur klug und zielgerichtet geschehen. Und die betreffenden 'Adepten' werden glücklicher sein, wenn sie nicht mehr ihr Leben riskieren müssen, sondern legal eine Arbeitserlaubnis erhalten können.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Aus den Augen, aus dem Sinn?

Die Süddeutsche Zeitung fragt sich, ob die Neuregelung wirklich das ist, was die Gesellschaft anstrebt:

„Damit kommt die europäische Politik in der Theorie dem Wunsch vieler Wählerinnen und Wähler näher, sich das Asylproblem gänzlich vom Hals zu schaffen. Aus den Augen, aus dem Sinn, aber geht das wirklich? Menschen, die unter Lebensgefahr, in der Hoffnung auf Schutz und ein besseres Leben nach Europa geflüchtet sind, müsste die deutsche Regierung in irgendeinen anderen Staat schicken, mutmaßlich in Afrika. Die Frage ist, ob die deutsche Gesellschaft so viel Hartherzigkeit wirklich will.“

La Stampa (IT) /

Willkommen im Polizeistaat

Die EU verwandelt sich in eine unmenschliche Maschine, wettert La Stampa:

„Hören Sie es? Das Hämmern von Polizisten an den Türen von Häusern, Aufnahmezentren, Schlafsälen und Notunterkünften. Das ist die Macht, die der EU-Rat den europäischen Polizeikräften mit seiner Verordnung zu Rückführungen – oder besser gesagt, Abschiebungen – verliehen hat. ... Kern der Reform ist, mehr, schneller und weiter abzuschieben. ... Die EU spricht heute die Sprache des Misstrauens: interoperable Datenbanken, automatische Warnmeldungen, europäische Rückführungsanordnungen. Es geht nicht bloß um administrative Effizienz: Es ist der Übergang zu einem technokratischen Polizeistaat, in dem Kontrolle über Recht und Ordnung steht.“

Avvenire (IT) /

Ein Feindbild ohne Substanz

Avvenire widerspricht dem von Rechtsaußen-Parteien kultivierten Narrativ, in Europa würde die angestammte Bevölkerung durch Einwanderung substituiert:

„Dieses düstere Zukunftsbild lässt sich widerlegen. Erstens die Zahlen: Von 450 Millionen Einwohnern der EU sind etwa 38 Millionen Einwanderer, davon 13 Millionen Staatsbürger anderer EU-Länder. Wir liegen deutlich unter 10 Prozent. ... Selbst wenn man dies als Problem betrachten wollte, wäre es schwierig, es zu einer Bedrohung für die europäische Zivilisation zu erheben. ... Kein konstitutives Element des europäischen institutionellen Rahmens oder seiner Traditionen wurde durch die Einwanderung außer Kraft gesetzt. ... Keine der großen kulturellen Veränderungen ist auf Einwanderer zurückzuführen.“