Was tun mit dem Haushaltsüberschuss?

Deutschland hat nach 2015 auch 2016 einen Haushaltsüberschuss erzielt - in Höhe von 6,2 Milliarden Euro. Dies liegt auch an der überraschend positiven wirtschaftlichen Entwicklung: Das Bruttoinlandsprodukt stieg um 1,9 Prozent. Finanzminister Schäuble will nun Schulden tilgen, doch CSU und SPD haben andere Pläne. Auch Kommentatoren sind uneins darüber, wie Deutschland den Geldsegen am besten verwenden sollte.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Höchste Zeit für Steuersenkungen

Steuersenkungen zum Wohle der Bürger fordert die Frankfurter Allgemeine Zeitung und erklärt, dass mehr Investitionen nicht so einfach machbar sind, wie die SPD suggeriert:

„Wie soll das gehen, da es sich um Geld aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr handelt? Nicht ausgegebene Mittel im normalen Haushalt verfallen mit dem Jahresende. Nachträglich lassen sich nicht Straßen bauen oder Schulen sanieren. Das Jahr ist nun mal um. ... Da aktuell nur ein Bruchteil der für Investitionen vorgesehenen Mittel abfließt, ist es sinnlos, noch mehr dafür zu reservieren. Gleichzeitig zeigt das abgelaufene Jahr, wie gut die Haushalte von Bund und Ländern aufgestellt sind. Die Ministerpräsidenten sind nicht so notleidend, wie sie immer getan haben, um dem Bund in der Flüchtlingskrise noch mehr Geld abpressen zu können. ... In derselben Zeit ist die Belastung der Steuerzahler so hoch wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Das alles zeigt: Die Zeit ist überreif für eine Entlastung der Bürger.“

Deutschlandfunk (DE) /

Nur Schuldentilgung bringt Deutschland voran

Steuersenkungen wären zurzeit ebenso wenig sinnvoll wie zusätzliche Investitionen, mahnt hingegen der Deutschlandfunk:

„Schäuble und die CDU wollen Schulden tilgen, die CSU die Steuern senken und die SPD mehr investieren. Von allen drei Vorschlägen ist der erste noch der beste. ... Für eine Steuersenkung à la CSU sind 6,2 Milliarden Euro schlicht zu wenig, außerdem ist fraglich, ob die Überschüsse von Dauer sind, so wie es eine Steuersenkung wäre. Hinzu kommt: ... Es gibt keine laute Steuersenkungsdebatte im Land, das Volk hat - Stichwort innere Sicherheit - gerade andere Sorgen. Da hebt sich ein Politfuchs wie Schäuble die Steuersenkung lieber als Bonbon für die nächste Wahl auf und legt dann noch etwas drauf. Auch die SPD würde mit ihrem Vorschlag, die Investitionen auszuweiten, nicht mehr tun als nur mehr Geld ins Schaufenster zu stellen. Ausgeben könnten es auch Sozialdemokraten nicht, weil es zu wenig Pläne für baureife Projekte und zu wenig Planer gibt. Bleibt die Schuldentilgung.“

La Stampa (IT) /

Überschüsse investieren

Auf mehr Investitionen und einen Export des deutschen Wachstumsmodells in den Rest Europas hofft schließlich La Stampa:

„Sollten die Daten von 2016 sich 2017 festigen, darf Europa zu Recht erwarten, dass die stärkste Wirtschaft der Union derselbigen wirtschaftlich den Weg weist. Die Zeit der deutschen 'Predigten' ist vorbei, vielleicht könnte die Phase der europäischen Nutzung der beeindruckenden finanziellen Ressourcen und technologischen Fähigkeiten Deutschlands beginnen. Wenn man Deutschland einen Vorwurf machen kann, dann den, dass es zu sehr befürchtet hat, dass die 'guten' Euros seines öffentlichen Haushalts genutzt werden könnten, um die 'bösen' Verschwendungen anderer zu finanzieren und dabei gleichzeitig einige Grauzonen seines Banksystems verteidigt hat. Von diesem manichäischen Verhalten Abstand zu nehmen, würde allen guttun. Angefangen bei den Deutschen.“