Penelope-Gate demontiert Fillon

Die Erfolgswelle des konservativen französischen Präsidentschaftskandidaten François Fillon wird jäh durch Enthüllungen unterbrochen: Penelope Fillon soll als Parlamentsmitarbeiterin ihres Mannes jahrelang nur scheinbeschäftigt gewesen sein und dafür fast eine Million Euro erhalten haben. Die Umfragewerte des bisherigen Favoriten brachen ein. Beobachter fürchten, dass Marine Le Pen davon profitieren könnte.

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Tages-Anzeiger (CH) /

Die Wahl der Qual

Die scheinbar große Auswahl an geeigneten Kandidaten in Frankreich ist bedenklich geschrumpft, beklagt der Tages-Anzeiger:

„Binnen weniger Tage ist Fillon in den Augen seiner Landsleute zu einem gewöhnlichen Politiker verkommen. Also zu einem jener Mächtigen, die dem Volk Essig predigen, während sie sich selbst Champagner einschenken. ... Frankreichs noch regierende Sozialisten (PS) verabschieden sich gerade von der Realpolitik. Ihr Spitzenkandidat Benoît Hamon, ein aufrechter Gesinnungslinker, begeistert vor allem junge Wähler. Nur, sein Versprechen, allen Franzosen bald ein Grundeinkommen von 750 Euro zu garantieren, kann die völlig überschuldete Nation niemals bezahlen. ... Zweifel bleiben, ob die Franzosen ihre Nation in einer Welt voller Trumps, Putins und Erdoğans einem 39-jährigen Novizen anvertrauen werden. Eine schwere Entscheidung. Erliegen die Franzosen der populistischen Verlockung? Oder akzeptieren sie, dass ihr System den perfekten Kandidaten nicht produziert? “

Libération (FR) /

Gesamte politische Klasse diskreditiert

Zwar werden Ermittlungen gegen Fillons Ehefrau voraussichtlich nicht vor der Präsidentschaftswahl eingeleitet, doch hat der Skandal bereits jetzt verheerende Folgen, analysiert Libération:

„Natürlich kann François Fillon weiterkämpfen. ... Bereits vor den jüngsten Enthüllungen hat eine Umfrage des [Meinungsforschungsinstituts] Elabe gezeigt, dass drei Viertel der Wähler nicht an die Ehrlichkeit des Kandidaten glauben. Doch wie viel wird nach dieser Salve, die einem Gnadenschuss gleicht, noch übrig bleiben? Und kann Fillon wirklich auf die Solidarität der Rechten zählen, wo man doch die wiederaufgewärmten Hassgefühle kennt, die in den Kreisen von Sarkozy- und Juppé-Anhängern köcheln? Unter den Füßen seiner Partei tut sich ein Abgrund auf. Aufrichtigen wird dies keine Zufriedenheit bereiten. Eher ein Schwindelgefühl: Denn die gesamte Politikerklasse muss für diese Ungeheuerlichkeit büßen.“