Rühmt sich Portugal zu Recht für sein Defizit?

Portugal macht von sich reden: mit dem niedrigsten Haushaltsdefizit seit 45 Jahren, starken Wachstumsraten und einer drastisch gesunkenen Arbeitslosenrate. Treibende Kraft hinter dem Konsolidierungskurs ist Finanzminister und Eurogruppenchef Mário Centeno. Doch Streiks spiegelten zuletzt den Unmut vieler Bürger wider. Die Freude über die guten Zahlen scheint in der Presse denn auch nicht ungetrübt.

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Sábado (PT) /

Erwartungen senken und dann überraschen

Die Glanzleistung wurde penibel geplant, betont Sábado:

„Dass Portugals Haushaltsdefizit für 2018 nur noch bei 0,5 Prozent (oder sogar darunter) lag, überrascht keinen - und es ist schwer vorstellbar, dass das Finanzministerium nicht damit gerechnet hat, dass die Zahlen besser sein würden als ursprünglich geplant. Die Strategie des Teams um Finanzminister Centeno scheint darin zu bestehen, die Erwartungen zu senken. So schlägt es mehrere Fliegen mit einer Klappe: In Europa sorgt es für Überraschung (was Portugals öffentlicher Wahrnehmung und Kreditwürdigkeit hilft). Und intern hilft es den Sozialisten, sich als verantwortungsvolle linke Partei zu profilieren.“

Público (PT) /

Purer Sparzwang hilft auch nicht weiter

Pedro Filipe Soares, Fraktionsvorsitzender des linken Parteienbündnisses Bloco de Esquerda, das die Minderheitsregierung unterstützt, kritisiert in Público, dass das geringe Defizit vor allem auf eine strenge Sparpolitik zurückgeht:

„Das ist eines der Probleme der aktuellen Umsetzung des Haushaltjahres, wo die im Staatshaushalt festgelegten Prioritäten sich dogmatisch der Einhaltung des Defizitziels zu unterwerfen haben. ... Die Frage ist nun, wie dieser unerwartete Überschuss verwendet wird - und welche Prioritäten damit angepackt werden. ... Im Stabilitätsprogramm 2019-2023, in dem Lissabon der Kommission die großen wirtschaftlichen Entscheidungen für die nächsten vier Jahren vorlegen muss, wird man sehen, für welche Seite sich die Regierung entscheidet: für ein Null-Defizit oder dafür, diesen Überschuss dort zu platzieren, wo das Geld wirklich fehlt.“