Griechenland: Zehn Jahre nach Streit um Sparpolitik
In Griechenland sprach sich am 5. Juli 2015 eine Mehrheit in einem Referendum klar gegen die Sparauflagen der Gläubiger des Landes aus. Dennoch wurden die Maßnahmen wenige Tage später durchgesetzt. Kommentatoren beleuchten, wie die Austeritätspolitik und ihre Folgen im Rückblick betrachtet werden.
Wenig Hoffnung für die Linke
Protagon schreibt über die Partei Syriza:
„Wenn die Linke die Hoffnung hat, in Griechenland wieder eine Rolle zu spielen, muss sie uns irgendwie davon überzeugen, dass sie etwas sehr Substanzielles und Anderes über die Periode, in die wir eingetreten sind, zu sagen hat. ... Internationale Spannungen, Kriege, eine gewaltige ökologische Krise, der Übergang in ein technologisches KI-Zeitalter. ... Wenn die Linke die Erste ist, die klar und deutlich über all dies spricht, hat sie vielleicht eine Chance, wieder Interesse zu wecken. Andernfalls wird das imaginäre Bild eines armseligen Teddyboys [Ex-Premier Alexis Tsipras], der rief, er würde die Welt verändern, und der, sobald er die Chance hatte zu sagen, was er meinte, die Welt anflehte, so zu bleiben, wie sie ist, sie wie ein böser Fluch verfolgen.“
Stimme der Bürger wurde gehört
Es war nicht alles umsonst, findet das Webportal In:
„Wurde das Referendum verloren? Die Antwort ist Nein! Es ermöglichte Verhandlungen und durchbrach vor allem die Logik, dass die Troika einfach diktieren und die Regierungen einfach umsetzen sollten. ... Letztendlich führte es zum Ausstieg aus den Memoranden. ... Und was all diejenigen wirklich stört, die heute darauf bestehen, eine ganze Gesellschaft und ihre Entscheidung zu verleumden, ist nicht, dass das dritte Memorandum kam. ... Was sie stört, ist, dass Griechenland Tage der Demokratie erlebt hat. Dass die Gesellschaft auf die Straße ging und Forderungen stellte. Dass sie in Europa gehört wurde, dass ein Volk NEIN sagte. “
Jetzt könnten Deutsche von Griechen lernen
Jens Bastian, ein leitender politischer Berater der Hellenic Foundation for European and Foreign Policy (ELIAMEP), schreibt in Kathimerini, welche Lehren Berlin gezogen hat:
„Heute sind die Worte 'Griechenlandkrise' und 'Grexit' zum Glück aus den deutschen Narrativen verschwunden. An ihre Stelle sind Überlegungen getreten, was Deutschland aus den Erfahrungen Griechenlands der letzten zehn Jahre lernen kann. ... Ein Jahrzehnt zuvor belehrten politische Entscheidungsträger in Berlin ihre griechischen Amtskollegen darüber, was getan werden müsse, um einen Zahlungsausfall zu vermeiden. Heute wird Griechenland in deutschen Politikerkreisen als Beispiel dafür angeführt, wie Berlins Hausaufgaben aussehen sollten.“