Frankreich: Ex-Chefredakteur gründet linke Bewegung

Laurent Joffrin, bislang Chefredakteur der linksliberalen Libération, hat mit dem Appell "Engagieren wir uns!" zur Gründung einer "sozialen, ökologischen und republikanischen" Sammlungsbewegung aufgerufen. Sie soll Frankreichs Linke vor der Präsidentschaftswahl 2022 einen und so eine Alternative zum Duell Macron-Le Pen bieten. Joffrins Journalistenkollegen sind von der Initiative alles andere als überzeugt.

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L'Opinion (FR) /

Für jeden etwas dabei

Dem Appell fehlt eine klare Kontur, kritisiert Nicolas Beytout, Gründer der liberalen Tageszeitung L'Opinion, in seinem an Joffrin gerichteten Leitartikel:

„Wie Du ahnst (und Du wirst das wegstecken), werde ich deinen Appell zur Gründung einer Sammlungsbewegung, 'die die historischen linken Formationen umfasst und über sie hinausreicht', nicht unterzeichnen. ... Ich denke nicht, dass die Geburt einer x-ten Bewegung das ist, was die zersplitterte Linke mit ihren lokalen Hochburgen zurzeit am dringendsten braucht. Zumal Dein Gründungstext 'Engagieren wir uns!' etwas zu stark einen catch-all-Ansatz verfolgt und ich ihn daher nicht überzeugend finde. Man findet darin sämtliche konformistische Kanons, sämtliche Stilfiguren derer, die eine breite Wählerschaft ansprechen wollen - aber nichts Durchschlagendes, nichts, was (zumindest bis dato) den Unterschied ausmacht.“

Mediapart (FR) /

Ein Totengräber à la Hollande

Joffrin ist für die Linke alles andere als eine Rettung, wettert Mediapart:

„Laurent Joffrin ist für den Journalismus das, was François Hollande für die Linke ist: ein Verrat an jeder noch so vernünftigen Hoffnung, den Ordo-Liberalismus in Frage zu stellen. ... Die Totengräber sind zurück. Seit mehr als 20 Jahren haben sie die Linke liquidiert, ihre Presse und ihre Regierungspartei. Der eine hat die Leser vergrault, der andere die Wähler. Sie sind über 60 und Weiß, und statt sich in den Ruhestand zu begeben, haben sie die Dreistigkeit, an die Macht zurückzudrängen. Eine Rückkehr, die mittels eines neuen Wegs gelingen soll, der allein auf einer nützlichen Stimmabgabe gegen Le Pen beruht und als 'Anti-Macron'-Diskurs daherkommt. ... Hat Hollande 2012 nicht gesiegt, indem er sich damit begnügte, ein 'Anti-Sarkozy'-Moment zu verkörpern?“