Was tut der Kreml Nawalny im Gefängnis an?

Der Gesundheitszustand von Alexej Nawalny hat sich in der Haft offenbar schnell verschlechtert. Er klagt über Rückenschmerzen und ein partiell gelähmtes Bein, erhält aber kaum medizinische Versorgung. Da er als "fluchtgefährdet" eingestuft wurde, wird er nachts stündlich bei einer Kontrolle geweckt. Beobachter werfen dem russischen Staat Folter vor und suchen nach Motiven.

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Helsingin Sanomat (FI) /

Putin riskiert bewusst seinen Tod

Für alles, was mit Nawalny geschieht, trägt Putin die Verantwortung, stellt Helsingin Sanomat klar:

„Natürlich weiß jeder, dass Nawalny nicht fliehen kann, geschweige denn will, schließlich ist er freiwillig aus Deutschland zurückgekehrt. Die russischen Behörden wollen zeigen, dass sie machen, was sie wollen - und jetzt wollen sie einen Kritiker von Präsident Wladimir Putin malträtieren und foltern. … Die barbarische Behandlung des Oppositionsführers ist ein neuer Beweis für die von Russland eingeschlagene Richtung. Wenn Alexej Nawalny gesundheitlichen Schaden nimmt oder stirbt, trägt dafür Putin allein die Verantwortung.“

MBK Media (RU) /

Held soll zur Heulsuse degradiert werden

MBK Media sucht nach Beweggründen für die unmenschliche Behandlung jenseits einfacher Rache:

„Es gibt objektive Motive für die Folterung: Es geht darum, Nawalnys Image zu korrigieren und ihn vom siegreichen Helden in einen Leidgeprüften und Jammerlappen zu verwandeln. ... Schon allein, dass Nawalnys Anhänger nur zwei Monate nach dessen Arrest gezwungen sind, anstelle von Plänen zur 'Erstürmung des Kremls' und der Errichtung des zukünftigen Russlands dessen Gesundheit und dessen Beschwerden, sein Bein und seinen Rücken zu erörtern, ist in den Bilanzkategorien des Kremls schon ein Erfolg.“

Echo Moskwy (RU) /

Folter als Abschreckung

Der Kreml will an Nawalny ein Exempel statuieren, erklärt Lew Schlosberg von der Oppositionspartei Jabloko in Echo Moskwy:

„Langer und chronischer Schlafmangel tötet. Das wissen die Organisatoren der Folter nur zu gut. Und die ärztliche Versorgung im Gefängnis ist nicht mehr als eine Bestandsaufnahme des Zustands sterbender Menschen ... Die Folterung Nawalnys gilt nicht nur ihm, sondern allen, die mit der Staatsmacht nicht einverstanden sind: Schaut nur, was wir mit Nawalny machen können, Euch würden wir einfach pulverisieren. In den Augen der jetzigen politischen Knastaufseher ist das ein Beweis ihrer Stärke. In Wirklichkeit ist es nur ein Beleg für ihre Kriminalität und ihre Niederträchtigkeit - und eine breite Beweisbasis für zukünftige Strafprozesse.“