Rekordtief: Euro weniger wert als ein US-Dollar

Der Sturzflug des Euro auf ein Niveau unterhalb des Dollarwertes löst in der EU Sorgen aus: Am Dienstag sank er mit 0,9909 auf ein neues 20-Jahres-Tief gegenüber dem US-Dollar. Damit steigen die Ängste vor einer Rezession. Kommentatoren debattieren Ursachen und Folgen.

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La Repubblica (IT) /

Begründete Rezessionsängste

Europa zahlt die Krise mit härterer Münze als die USA, erläutert La Repubblica:

„Rezessionsängste - verstärkt durch den irrsinnigen Anstieg der Gaspreise - bei einer Inflation, die zumindest in Europa keine Anzeichen einer Abschwächung erkennen lässt. Das sind Befürchtungen, die auf beiden Seiten des Atlantiks bestehen, aber in den USA weniger stark zum Tragen kommen. Dies erklärt, warum der Euro - und nicht erst seit heute - einen höheren Preis zahlt. ... Die Argumentation des Marktes ist einfach: Der Anstieg der Gaspreise trifft Europa härter als Amerika ebenso wie die Folgen des Krieges in der Ukraine diesseits des Atlantiks schwerer wiegen und insbesondere die Widerstandskraft Deutschlands, der einstigen Lokomotive der Eurozone, auf eine harte Probe stellen.“

La Vanguardia (ES) /

Entkopplung war noch nie eine gute Idee

La Vanguardia findet, die Federal Reserve (Fed) und die EZB sollten sich absprechen:

„Die Abwärtsbewegung der europäischen Einheitswährung hat sich im Zuge der Entschlossenheit der Federal Reserve, die Geldpolitik weiter zu straffen, beschleunigt. ... In Europa besteht die Gefahr, dass ein starker Anstieg der Zinssätze zwar die Inflation eindämmen, aber eine Krise in den am stärksten verschuldeten Ländern auslösen könnte. ... Die Entkopplung der Geldpolitiken in Europa und den USA war noch nie eine gute Sache. ... Die beiden Zentralbanken täten daher gut daran, ihr Vorgehen zu koordinieren. Die EZB steht vor schwierigen Entscheidungen.“

Iswestija (RU) /

Europas Wirtschaftsnöte sind nicht die Ursache

Nicht der Euro ist schwach, sondern der US-Dollar stark, erklärt der Broker Viktor Schtscheglow in Iswestija:

„Die wirtschaftlichen Probleme in der Eurozone sind nicht der Hauptfaktor für den Absturz des EUR/USD-Kurses, bedeutender ist die Stärkung des Dollars. An einem schwachen Euro haben leider alle zu leiden, da einer der Hauptkonsumenten ärmer wird. Das betrifft auch die USA, Russland und China. Zugleich führt ein starker Dollar dazu, dass viele US-Konzerne mit rückläufigen Einnahmen angesichts der Teuerung ihrer Waren und schrumpfender Nachfrage rechnen müssen.“