Israel-Iran-Krieg: Eskalation oder Friedenslösung?

Während sich Israel und Iran weiter mit Luftangriffen attackieren, wollen sich am heutigen Freitag die Außenminister von Großbritannien, Frankreich und Deutschland mit ihrem iranischen Amtskollegen in Genf treffen. Auch die EU-Außenbeauftragte soll an den Gesprächen über Teherans Atomprogramm teilnehmen. Kommentatoren analysieren das Geflecht der globalen Mächte im Nahen Osten und die Chancen auf eine Verhandlungslösung.

Alle Zitate öffnen/schließen
Der Spiegel (DE) /

Bestenfalls nur Verhandlungstaktik

Der Spiegel rät zu Realismus:

„Es wäre auch in diesem Krieg fatal, sich vom optimistischsten Szenario leiten zu lassen: ein gestürztes Regime, ein neu geordnetes Gleichgewicht im Nahen Osten, ein Ende des iranischen Atomprogramms. All das ist nicht ausgeschlossen, aber hochspekulativ. Weit plausibler ist, dass die Sache schiefgeht: Der Krieg könnte sich auf die Region ausweiten und das Land oder die Region ins Chaos stürzen. ... Es bleibt zu hoffen, dass Trumps Kokettieren mit dem Kriegseintritt nur Verhandlungstaktik ist – die er nutzt, um dem Regime in Teheran gemeinsam mit den Europäern massive Zugeständnisse abzutrotzen. Es wäre der bestmögliche Weg, einen Krieg zu vermeiden, den niemand ernsthaft wollen kann.“

La Repubblica (IT) /

Alle hoffen auf eine Wende

Trumps Ultimatum findet breite Unterstützung, beobachtet La Repubblica:

„Das lang erwartete Treffen der Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens zeigt, dass Europa den Versuch von Trump unterstützt, Chamenei zu Atomverhandlungen zurückzuholen. Und auch das Telefonat zwischen Putin und Xi, die die israelischen Angriffe verurteilten und zur Deeskalation aufriefen, kommt bei näherer Betrachtung der laufenden diplomatischen Offensive zugute. Denn Teheran bekommt das Signal, dass es bei einer Rückkehr zu Verhandlungen Russland und China auf seiner Seite haben wird. Alle Großmächte drängen Chamenei daher zu dem Schritt, den er bisher verweigert hat: die Aufnahme von Verhandlungen, die zum Verzicht auf die Urananreicherung führen, sprich zum Abschied von der Atombombe.“

The Sun (GB) /

USA wären wieder eine Abschreckungsmacht

Die USA sollten bei einem Eingreifen nach Kräften unterstützt werden, fordert The Sun:

„Es gibt gewichtige Argumente für Trump, nun einen Bunkerbrecher-Einsatz gegen das iranische Untergrundnetzwerk anzuordnen. Dies würde nicht nur die Ambitionen der fanatischen Mullahs auf einen nuklearen Holocaust zunichtemachen, sondern auch seine Präsidentschaft prägen. Ein entschlossenes Eingreifen würde anderen Despoten zeigen, dass die USA nach dem demütigenden Rückzug aus Afghanistan unter Joe Biden wieder als globale Abschreckungsmacht zurück sind. ... Wenn die USA zuschlagen, muss Großbritannien sie und Israel mit aller Kraft unterstützen. Der Iran ist mit Geheimagenten der Islamischen Revolutionsgarde, die auf unseren Straßen operieren, auch für uns eine Bedrohung.“

Corriere della Sera (IT) /

Allein auf weiter Flur

Teheran steht ziemlich allein da, findet Corriere della Sera:

„Das Gemetzel [der Hamas am 7. Oktober 2023] überzeugte nicht nur Netanjahu, sondern eine ganze Nation davon, dass ein Kampf ums Überleben begonnen hat. Tel Aviv hat in einem Jahr und acht Monaten den Tentakeln der iranischen Krake gewaltige Schläge versetzt: Es hat die Hamas, die Hisbollah und das Assad-Regime in Syrien geköpft. ... Von dem, was die iranische Propaganda als Achse des Widerstands bezeichnet, sind im Moment nur noch die Huthis im Jemen übrig, und niemand weiß, wie lange noch. Was die andere Achse betrifft, die zwischen Moskau, Peking und Teheran, so ist das Schauspiel der Ohnmacht der Russen und Chinesen beeindruckend: Sie protestieren, sind aber nicht in der Lage einzugreifen.“

NRC (NL) /

Putins schwieriger Balanceakt

NRC analysiert Moskaus Rolle im Nahen Osten:

„Russlands Balanceakt im Nahen Osten gerät zunehmend ins Wanken. Moskau hat in den letzten Jahren stark in die wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen zu Teheran investiert, was zu einer Verschlechterung seiner Beziehungen zu Israel beigetragen hat. Der Krieg in der Ukraine zwingt Putin dazu, noch vorsichtiger zu balancieren, um seine unbeständige Beziehung zu Donald Trump nicht zu gefährden: dem Mann, den er am meisten braucht, um den Krieg zu seinen Gunsten zu entscheiden.“

Dmitry Chernyshev (RU) /

Iran hat angefangen

Der in Israel lebende Publizist Dmitri Tschernyschew argumentiert auf Facebook gegen den Vorwurf, ein Angriff auf das iranische Atomprogramm sei völkerrechtswidrig:

„Wissen Sie, wer als Erster weltweit das Atomprogramm eines Nachbarn angegriffen hat? Der Iran. Das war 1980, die Operation 'Sengendes Schwert'. Der Iran wollte den Irak daran hindern, eine Atombombe zu bauen. Und am 30. September 1980 bombardierten vier iranische F-4-Phantoms einen im Bau befindlichen irakischen Atomreaktor. Zwei der iranischen Bomben trafen den Reaktor selbst, während andere Bomben einen Großbrand auslösten. Durch den Angriff wurde das irakische Atomprogramm um mehrere Monate zurückgeworfen. Ein Jahr später führte die israelische Luftwaffe dann die Operation 'Opera' durch, die Saddams Atombombe endgültig begrub.“