Ist Großbritannien bereit für legalisierte Sterbehilfe?
Eine Mehrheit des britischen Unterhauses hat dafür gestimmt, todkranken Menschen in England und Wales Sterbehilfe zu ermöglichen. Das Gesetz erlaubt es Menschen, die weniger als sechs Monate zu leben haben, Hilfe beim Sterben zu beantragen. Die Entscheidung soll letztlich ein Expertengremium treffen. Die Landespresse ist zwiegespalten.
Morbide Sparmaßnahme
Das ist kein Zeichen von Progressivität, findet The Daily Telegraph:
„Befürworter wollten 'fortschrittliche' Bemühungen fortsetzen, die in den 1960er Jahren begannen, als Abtreibung erstmals erlaubt wurde. ... Sozialer Liberalismus bedeutete damals in Zeiten des Wirtschaftswachstums mehr Wahlmöglichkeiten, heute in Zeiten der Sparpolitik jedoch eher eine Einschränkung der Optionen. Man kann sich ein Baby nicht leisten? Lass es abtreiben. Angst, den Enkeln zur Last zu fallen? Setz dich in die Selbstmordkapsel. Natürlich meinen die Abgeordneten das nicht so. Wenn man jedoch die Leistungen für ältere Menschen kürzt und für Kinder begrenzt und gleichzeitig Selbsttötung oder Abtreibung erleichtert, ist es schwer, da keinen Zusammenhang zu sehen.“
Todkranke sind keine Kriminellen
The Independent begrüßt die Legalisierung von Sterbehilfe:
„Es kann nicht richtig sein, todkranke Menschen, die selbst über den Zeitpunkt und die Art ihres Todes entscheiden wollen, wie Kriminelle zu behandeln – oder die Menschen, die sie bei dieser Entscheidung unterstützen. Die einzige Frage, die sich stellt, ist, ob die Schutzmaßnahmen dafür, dass kein Druck ausgeübt wird, das eigene Leben zu beenden ausreichend stark sind. ... Aktuell können nur diejenigen, die es sich leisten können, in die Schweiz reisen, um dort vom Sterbehilfegesetz Gebrauch zu machen. Dieser Gesetzentwurf wird mehr Menschen in England und Wales diese Möglichkeit eröffnen – und das unter strengeren Regeln als in der Schweiz.“