Druck von außen macht stärker
Spaltende Themen rücken in den Hintergrund, konstatiert EU-Korrespondentin Caroline de Gruyter in ihrer Kolumne in NRC:
„Je stärker Trump und Putin Europa bedrohen, desto stärker wird es als Gemeinschaft. ... Dies kann dazu führen, dass die interne Polarisierung in Europa abnimmt. Wie der Groninger Professor Pieter de Wilde schreibt: 'Je mehr wir über Sicherheit sprechen, desto weniger Aufmerksamkeit wird den Themen geschenkt, die der aktuellen Polarisierung zugrunde liegen: Diversität und Inklusion und – vor allem – Migration.' Warum auch nicht? ... Wie [Papst Pius II] Piccolomini schrieb, sind wir letztlich alle 'Europeos homines'. Unter Druck von außen sieht man das immer etwas besser.“
Einstimmigkeitsprinzip abschaffen
Es wird Zeit, dass die EU zu Mehrheitsentscheidungen übergeht, betont Ilta-Sanomat:
„Die EU selbst hat große Schwierigkeiten, ihre Position in der Weltpolitik zu definieren oder auch nur richtig zu verstehen – geschweige denn etwas zu unternehmen, um diese Position zu stärken. ... Für die Europäer war es peinlich mit anzusehen, wie schwer es den EU-Spitzenpolitikern fiel, sich in die von den USA und Russland initiierten Friedensgespräche zur Ukraine reinzudrängen. ... Wenn die EU ihre Position in der Weltpolitik stärken und irgendwann einmal selbst über ihre eigenen Angelegenheiten entscheiden will, muss sie sich zusammenreißen – und zumindest in Fragen der Sicherheit und der Außenbeziehungen von der Einstimmigkeitsregelung zu Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit übergehen.“
Der neuen Weltordnung trotzen
LRT-Kolumnist Paulius Gritėnas hebt hervor:
„Die neuen Freunde der USA in Europa sind Ungarn, die Slowakei und Belarus. In Ländern wie Deutschland oder Großbritannien gelten lokale prorussische Rechtsradikale als neue Verbündete. Bereits jetzt sind deutliche Bemühungen erkennbar, Kräfte zu unterstützen, die die EU und ihre gemeinsame Verteidigungsstruktur schwächen oder zerstören wollen – mit dem Ziel, Europa durch die Förderung nationaler Gegenbewegungen, bilateraler Abkommen, Protektionismus und die Logik geopolitischer Einflusszonen zu fragmentieren. ... Europa gerät zunehmend in eine Falle, in der die einzige Überlebenschance darin besteht, demokratische Kräfte zu mobilisieren und erbittert für den Erhalt von Prinzipien, Normen und politischen Realismus zu kämpfen.“
Berlin muss führen
Ob sich Europa international behaupten kann, hängt vor allem von Deutschland ab, schreibt Spiegel-Kolumnist Henrik Müller:
„2026 wird sich stärker denn je abzeichnen, dass sich die EU auf ihr größtes Mitgliedsland stützt – oder noch schwächer wird. Deutschland steht vor der hegemonialen Frage, entweder massiv in Stabilität und Sicherheit zu investieren – oder Chaos und Krieg zu riskieren. Denn es ist sonst niemand da, der diese Rolle ausfüllen könnte. Die Bundesrepublik ist das einzige Land, das groß und finanzstark genug ist, um europäische Sicherheit gewährleisten zu können. ... Dies ist eine enorme Bürde.“
Kyjiw ist die Sicherheitsgarantie für die EU
Derzeit ist es die Ukraine, die Europa vor Russland schützt, erklärt Schriftsteller Andrij Ljubka im ukrainischen Dienst der Deutschen Welle:
„Da die Hoffnungen auf amerikanischen Schutz unsicher, wenn nicht gar illusorisch sind, denkt man in den wichtigsten Hauptstädten [Europas] bereits intensiv über das Design einer europäischen kollektiven Sicherheit nach – einer Art 'europäischer Nato'. Da jedoch die Neugestaltung dieses Modells selbst bei vorhandenem politischem Willen Jahre dauern würde, stehen die Schlüsselstaaten der EU und Großbritannien vor einer offensichtlichen Tatsache: Die Ukraine und ihre Streitkräfte sind derzeit die einzige reale Sicherheitsgarantie für die EU. Es ist die Ukraine, die Russlands aggressive Vorhaben gegen Europa verzögert.“