Was bedeutet Trumps Drohung mit Atom-U-Booten?
Nach einem Schlagabtausch mit dem ehemaligen russischen Präsidenten Medwedew hat US-Präsident Trump angekündigt, zwei US-Atom-U-Boote in “geeignete” Regionen zu entsenden. Details blieben geheim. Medwedew hatte das Ultimatum der USA zur Beendigung des Ukraine-Krieges als Bedrohung und Schritt in Richtung Krieg kritisiert, was Trump wiederum "töricht" nannte. Europas Presse versucht eine Einordnung.
Mit Nuklearwaffen spielt man nicht
Es gibt Themen, bei denen man nicht auf den Showeffekt setzen sollte, meint die Süddeutsche Zeitung:
„Nuklear bestückte amerikanische U-Boote sind ständig im Einsatz und in der Lage, jederzeit aus jeder Position in den Tiefen der Weltmeere heraus Ziele in Russland zu treffen. Das ist das Wesen der nuklearen Abschreckung, mit der sich die Atommächte seit Jahrzehnten in Schach halten. Dafür müssen die Atom-U-Boote nicht in 'angemessene' Positionen gebracht werden. Wenn Trump das im Internet postet, ist das Show, sind es große Worte, darauf aus, das globale Publikum zu beeindrucken. Das macht die Sache nicht besser. Mit Atomraketen spielt man nicht, nicht einmal im verbalen Schlagabtausch.“
Noch nicht einmal Säbelrasseln
Für Blogger und Offizier Jurij Kasjanow ist Trumps Schritt nichts als Selbstinszenierung. Er schreibt auf Facebook:
„Zwei Atom-U-Boote in die 'entsprechenden Gebiete' zu entsenden, ist keineswegs eine Kriegsvorbereitung – das ist noch nicht einmal Säbelrasseln. Es wirkt eher wie ein wenig Eigenwerbung von Trump. Während des Kalten Krieges patrouillierten Dutzende U-Boote mit Atomwaffen ständig in diesen Regionen, strategische Bomber standen in steter Alarmbereitschaft, und die megatonnenstarken Sprengköpfe interkontinentaler Raketen waren auf Millionenstädte ausgerichtet. Nein, Leute, zwei Atom-U-Boote sind eine Kleinigkeit – das ist gar nichts. So beginnt man keinen Atomkrieg.“
Medwedews Drohungen ins Leere laufen lassen
Die Presse rät Trump zu mehr Besonnenheit:
„Man muss den Medwedjew-Faktor einpreisen. Der Ex-Präsident hat seine Nische darin gefunden, vulgär über den Westen herzuziehen, oder anzukündigen, europäische Hauptstädte in nukleare Asche zu verwandeln. Diese Drohungen haben sich mit der Zeit abgenützt. Der Westen hat darauf bisher stets besonnen reagiert. Nämlich gar nicht. Das sollte auch so bleiben. Dass sich ein US-Präsident zu einer Replik auf Medwedjew herablässt, irritiert.“
Sticheln, demütigen und drohen auf Augenhöhe
Politologe Wladimir Pastuchow lobt Trumps Drohgebärde in einem von Echo übernommenen Telegram-Post als trickreich kommunizierte Aktion:
„Jetzt muss man Moskau noch davon überzeugen, dass es sich nicht um einen von Trumps üblichen Scherzen handelte. Aber ich glaube an Trump: Er ist dafür durchgeknallt genug. Putin scheint endlich einen ebenbürtigen Gegner gefunden zu haben. ... Besonders hervorheben möchte ich die gute Arbeit der Berater, die Trump darauf hingewiesen haben, dass man sich in dieser Situation in den übermäßig selbstbewussten Medwedew verkrallen und so tun kann, als gäbe es Putin gar nicht. Das ist gewitzt und gleichzeitig demütigend, genau die Art von Stichelei, wie sie Putin selbst so liebt.“
Hoffentlich gibt es nirgendwo einen Kurzschluss
Reflex sieht die Lage so:
„Der ungeduldige Donald Trump, der den Krieg in der Ukraine mit ein paar 'netten' Telefonaten mit dem Massenmörder Putin zu beenden versuchte, hat offenbar genug. ... Die Frage ist, ob die beiden Supermächte in Sachen Atomwaffen nur bluffen, wie wir es in der Vergangenheit schon oft gesehen haben. Ob sie die übliche Form der strategischen Abschreckung fortsetzen, wie Washington es tut. Oder ob sie offen erpressen, wie Moskau es tut. Es stellt sich bei all dem die Frage, ob unter bestimmten Umständen tatsächlich die Gefahr eines Atomkonflikts besteht, da irgendwo im System ein Kurzschluss auftreten könnte.“
Die Ungewissheit ist Teil des Kalküls
The Irish Times sinniert über die Gemeinsamkeiten der Nukleardoktrinen beider Länder:
„Die rote Linie für den Einsatz von Atomwaffen, insbesondere für den Ersteinsatz, ist sowohl in den USA als auch in Russland seit Langem bewusst vage gehalten worden. ... Diese Unklarheit, wird argumentiert, zwinge Gegner dazu, in Betracht zu ziehen, dass jede Aggression eine verheerende nukleare Reaktion auslösen könnte. ... Sowohl die Nukleardoktrin der USA als auch die Russlands, die erst letztes Jahr überarbeitet wurde, beschränken ihre Optionen nicht auf Reaktionen auf nukleare Angriffe anderer. ... Beide überlassen die endgültige Entscheidung über den Einsatz von Atomwaffen nicht den Parlamenten, sondern ihren beiden Präsidenten, Donald Trump und Wladimir Putin.“