Frankreich: Sarkozy kommt unter Auflagen frei
Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ist nach rund drei Wochen Haft unter Auflagen aus dem Gefängnis entlassen worden. Ein Pariser Gericht stimmte einem Antrag des 70-Jährigen auf vorläufige Haftverschonung zu. Die Haft sei "sehr hart" gewesen, erklärte er. Sarkozy war Ende September in einem Prozess um illegale Wahlkampffinanzierung verurteilt worden und hatte Berufung eingelegt.
Keine Extrawurst für den Ex-Präsidenten
Sarkozy sollte auf mediale Selbstdarstellung verzichten, empfiehlt Libération:
„Wir würden uns wünschen, dass Sarkozy uns die Fotos von seiner Rückkehr nach Hause und intime Einblicke in diese sicherlich schwierige Zeit erspart. Er sollte sich zurückhalten, auch wenn das nicht die wahrscheinlichste Option ist, da er entschlossen scheint, die mediale Bühne zu nutzen, um sich sowohl als Opfer als auch als Kämpfer darzustellen und so das Berufungsverfahren zu beeinflussen. ... Es gab keinen Grund sich zu freuen, als Sarkozy im Gefängnis schlafen musste. Es gibt aber auch keinen Grund dazu, ihn nicht wie jede andere Person zu behandeln, die für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. … Genau das haben die Franzosen von der Justiz erwartet.“
Juristischer Kreuzweg
Diese Entwicklung vertieft das ohnehin wachsende Misstrauen gegenüber der Justiz, urteilt Le Figaro:
„Das Gericht war der Ansicht, dass die 'Untersuchungshaft nicht gerechtfertigt war'. Warum war sie es dann vor drei Wochen? Wie könnte man in dieser Haft, die eine enorme symbolische Bedeutung trägt, nicht ein weiteres Kapitel des ewigen Konflikts zwischen Justiz und Politik sehen? ... In den verschiedenen Stationen des juristischen Kreuzwegs von Nicolas Sarkozy lässt sich eine Konzentration von Mitteln, eine kompromisslose Beharrlichkeit und eine argumentative Flexibilität erkennen, die nur Zweifel an der Gerechtigkeit der Justiz nähren können, wenn nicht sogar den Verdacht einer persönlichen, politischen und ideologischen Abrechnung. ... Die Franzosen haben heute kein Vertrauen mehr und fürchten die Willkür.“
Ungewohnte Verletzlichkeit
La Stampa fragt sich, ob Sarkozys Eindrücke zum Umdenken anregen könnten:
„Es ist unwahrscheinlich, dass die ungewohnte Verletzlichkeit Nicolas Sarkozys, die gestern durch seine Erfahrungen im Gefängnis offenbar wurde, seine politischen Freunde umstimmen kann, die fest entschlossen sind, immer mehr Gefängnisplätze als schnelle Lösung für die Probleme der französischen Gesellschaft zu schaffen. Um zu verhindern, dass dies die Richter im Berufungsverfahren beeinflusst, wurde dem ehemaligen Präsidenten jeglicher Kontakt zum derzeitigen Justizminister Gérald Darmanin untersagt. ... Schade. Denn das Anhören dieses Berichts aus erster Hand über die zwanzig Tage im Gefängnis La Santé hätte einem Justizminister nützlich sein können, der behauptet, die sofortige Vollstreckung aller verhängten Urteile zu wollen, ohne Gnade.“