Digitaler Omnibus: Weicht EU den Datenschutz auf?

Die Europäische Kommission will mit dem Gesetzespaket Digitaler Omnibus Regulierungen in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit sowie Datenschutz und Datenverwaltung vereinfachen. Insbesondere die Technologiebranche hatte entsprechende Erleichterungen gefordert. Kommentatoren debattieren, ob das Regelwerk zu Lasten von Bürgerrechten geht.

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Le Soir (BE) /

Auf Kosten der Grundrechte

Einen Wendepunkt zum Negativen befürchtet Jacques Folon, Experte für neue Technologien, in Le Soir:

„Wenn der 'Digital Omnibus' nicht vom EU-Parlament, dem Europäischen Rat oder dem Europäischen Gerichtshof angefochten wird, wird er einen Wendepunkt markieren: den Zeitpunkt, an dem Europa sich für eine technologische Aufholjagd entschieden hat – auf Kosten seiner Prinzipien im Bereich der Grundrechte. … Welche digitale Gesellschaft wollen wir? Eine Gesellschaft, in der Innovation unter Achtung der Rechte des Einzelnen stattfindet – auch wenn das ihren Fortschritt verlangsamt? Oder eine Gesellschaft, in der wir akzeptieren, dass unser Leben und unsere Worte von Maschinen absorbiert werden, über die wir keine Kontrolle haben – im Namen eines Fortschritts, der von einigen wenigen Privatpersonen definiert wird?“

Irish Examiner (IE) /

Wasser auf die Mühlen der Tech-Giganten

Die Lockerung des Datenschutzes wäre das falsche Signal, findet Irish Examiner:

„Datenschutzgesetze zielen darauf ab, die personenbezogenen Daten der EU-Bürger zu schützen, und es ist sicherlich bezeichnend, dass sie Kritik und Widerstand von Technologiegiganten wie den Eigentümern von Google und Meta hervorrufen. Auch die Trump-Regierung in den USA hat die europäische Regulierung angegriffen und ihre Kritik damit begründet, amerikanische Unternehmen würden gezielt benachteiligt. ... Wenn der 'Digital Omnibus' verabschiedet wird, könnten Google, Meta und OpenAI die personenbezogenen Daten europäischer Bürger zum Trainieren ihrer KI-Modelle verwenden, obwohl einige dieser Unternehmen in der Vergangenheit wegen Datenschutzverletzungen mit Milliardenstrafen belegt wurden.“

El País (ES) /

Sorgfältiges Agieren nötig

El País wägt ab:

„Den Bürgerinnen und Bürgern werden weniger Bestätigungsklicks und mehr Kontrolle über ihre Daten versprochen. ... Unternehmen erhalten eine zentrale Anlaufstelle und eine einheitliche digitale Identität, was grenzüberschreitende Verfahren vereinfacht. ... Das Vorhaben würdigt die Kritik der Unternehmen an übermäßiger Bürokratie. ... Die Kommission fördert europäische Unternehmen der Branche, vor allem Startups, kleine und mittlere Unternehmen. ... Es besteht allerdings die Gefahr, dass auch amerikanische Unternehmen profitieren. ... Die EU muss ihre Maßnahmen sorgfältig festlegen, wenn sie verhindern will, dass der Wettbewerbs- und Innovationsdruck auf Kosten von Rechten, Garantien und Ethik geht.“