COP30: Wie ist das Erreichte zu bewerten?

Am Samstag ist die 30. Weltklimakonferenz (COP30) im brasilianischen Belém zu Ende gegangen. Mit einer freiwilligen Plattform außerhalb der COP-Gremien soll das Tempo beim Klimaschutz erhöht werden. Zum Schutz des Regenwalds wurde ein neuer Fonds, jedoch kein Aktionsplan beschlossen. Konkretere Zielvorgaben für eine Abkehr von Kohle, Öl und Gas scheiterten. Europas Presse zieht Bilanz.

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Milliyet (TR) /

Die Welt hat anderes zu tun

Derzeit dominieren andere Themen, doch die Realität der Klimakrise wird die Welt früher oder später einholen, kommentiert Milliyet:

„Am Freitag endete eine internationale Veranstaltung, die für unsere Welt von entscheidender Bedeutung ist, aber von der Welt nicht besonders beachtet wurde. ... Dabei spielte die Tatsache, dass die USA keine Delegierten entsandt hatten, eine große Rolle. ... Auch die bedeutenden US-Medienunternehmen (CBS, NBC, Fox) hatten keine Berichterstatter geschickt. Die Agenda unseres Landes ist so voll, dass sich unsere einfachen Bürger derzeit verständlicherweise kaum dafür interessieren, wie die Welt in 40 oder 50 Jahren aussehen wird. ... Dabei gilt, wie Carl Sagan sagte, dass alles Böse, aber auch alles Gute nur existieren kann, solange es diese Welt gibt.“

La Tribune de Genève (CH) /

Lieber auf kleine Gipfel setzen

Die COP bedarf eines neuen Formates, urteilt La Tribune de Genève:

„In Belém haben die teilnehmenden Länder einmal mehr bewiesen, dass sie unfähig sind, mit einer Stimme zu sprechen. Enttäuschend und ambitionslos – das ist zweifellos der schwächste Konsens, der jemals bei einer COP erzielt wurde. … Dieses Scheitern ist nicht überraschend. Auch wenn das Pariser Klimaabkommen 2015 den Menschen die Dringlichkeit der Klimakrise bewusst gemacht hat, haben die darauffolgenden COPs nur unsere Schwächen offenbart. Den fehlenden Ehrgeiz, unsere Versprechen einzuhalten. … Diese teuren Veranstaltungen müssen abgeschafft werden – zu Gunsten von kleineren Zusammenschlüssen, die sich jeweils auf ein einziges Problem konzentrieren, wie Wälder, Landwirtschaft oder Ozeane.“

Financial Times (GB) /

Endlich kommt Bewegung in die Sache

Financial Times betont erfreuliche Fortschritte:

„Brasilien nutzte die COP30, um ein Forum für Länder ins Leben zu rufen, in dem die mit Sicherheit zunehmenden Spannungen in den Bereichen Handel und Klima diskutiert werden sollen. Nur ein weiterer Debattierclub? Vielleicht, aber es war erfrischend zu sehen, dass konkrete wirtschaftliche Gegebenheiten in einen Prozess einflossen, der oft weit entfernt von solchen Sorgen stattzufinden scheint. Ebenso unternahmen die Länder einen seltenen Vorstoß, die für die Energiewende entscheidenden Mineralien in die formellen COP-Gespräche einzubeziehen. ... Und ein bahnbrechender, mit 5,5 Milliarden Dollar dotierter Fonds zum Schutz tropischer Wälder wurde ins Leben gerufen.“

Der Tagesspiegel (DE) /

Die Märkte gehen schon voran

Noch ist nicht alles verloren, beruhigt der Tagesspiegel:

„Auf der COP28 in Dubai vor zwei Jahren setzte ein vielversprechender Prozess ein: Die Länder verpflichteten sich, die Kapazität erneuerbarer Energien bis 2030 zu verdreifachen, die Energieeffizienz zu verdoppeln und die Methanemissionen um 30 Prozent zu senken. ... Selbst ohne verbindliche COP-Beschlüsse bewegen sich die Märkte sogar in den größten Emittentenländern wie China und den USA bereits in diese Richtung – angetrieben von rasch fallenden Kosten, etwa für Solarmodule und Akkus, sowie technologischem Fortschritt. Entwicklungen in der Realwirtschaft könnten langfristig sogar wirksamer sein als internationale Vereinbarungen. Klimaschutz kann also gelingen – auch ohne perfekte Gipfelergebnisse.“

Avvenire (IT) /

Noch hält das System

Avvenire sieht zunehmende Gegensätze und Fliehkräfte:

„Der Amazonasgipfel enthüllte unmissverständlich das dramatische Ausmaß der aktuellen globalen Lage. … Jene Realität, die eine Handvoll Mächtiger nicht anerkennen will – weil sie ihren Interessen widerspricht, die nicht mit denen des Rests der Welt übereinstimmen. Das ist nichts Neues. Doch nie zuvor – zumindest seit dem Zweiten Weltkrieg – waren die Interessen Einzelner so unvereinbar mit dem Gemeinwohl. Die fragile, über siebzig Jahre aufgebaute globale institutionelle Architektur droht Stück für Stück zusammenzubrechen. Auch das hat die COP30 deutlich gezeigt. Der Gipfel weigerte sich jedoch, dem System einen weiteren, womöglich entscheidenden Schlag zu versetzen: Die Klimadiplomatie ist einer der wenigen verbliebenen multilateralen Handlungsspielräume.“