Tschechien: Was macht Babiš als Premier?
Gut zwei Monate nach der tschechischen Parlamentswahl ist der Wahlgewinner, der Multimilliardär Andrej Babiš, von Präsident Petr Pavel zum Premier ernannt worden. Was das für die Außenpolitik und die EU bedeutet, beschäftigt die Kommentatoren.
Horrorszenario zeichnet sich ab
La Repubblica ist pessimistisch:
„Er wird sich nun dem Duo der unerschütterlichen osteuropäischen Putin-Anhänger – Viktor Orbán und Robert Fico – anschließen, die die europäische Hilfsmaschinerie für die Ukraine und Sanktionen gegen Russland blockieren. Ungarn, die Slowakei und die Tschechien streben offen die Wiederherstellung von drei Vierteln der Visegrád-Koalition an und drohen, alle europäischen Mechanismen zu sabotieren. … Was den vierten Visegrád-Partner betrifft, glauben viele, dass es nur eine Frage der Zeit ist. In Polen kann Premier Donald Tusk viele seiner Versprechen nicht umsetzen, da sie vom populistischen Präsidenten Karol Nawrocki blockiert werden. ... Viele fürchten, dass die Souveränisten der PiS in zwei Jahren wieder an die Macht kommen könnten. Ein Horrorszenario für die EU.“
Hoffentlich bleibt es beim Grummeln
Hospodářské noviny verknüpft mit der neu beginnenden Phase eine Hoffnung:
„Die, dass die Babiš-Regierung ihre Pläne, Tschechien nach dem Vorbild von Viktor Orbáns Ungarn zu einem Unruhestifter innerhalb der EU zu machen, letztendlich aufgibt. Mit anderen Worten: dass sich Proteste gegen einzelne europäische Maßnahmen oder antirussische Sanktionen auf das Niveau eines Grummelns für das heimische Publikum beschränken. Und dass Babiš auf europäischer Ebene rational agiert.“
Nicht vorschnell abschreiben
Babiš sollte nicht vorschnell in die Schublade des antieuropäischen Lagers gesteckt werden, findet die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
„Babiš war im Kern immer ein ideologiefreier Pragmatiker, der genau wusste, dass nicht nur die Interessen seines milliardenschweren Agrofert-Konzerns im Westen liegen, sondern auch die seines Landes. Im Wahlkampf nutzte er zwar den Unmut über Ukrainehilfen für sich und befeuerte ihn weiter, ließ aber nie einen Zweifel an seiner Distanz zu Moskau. Am Ende hat Babiš immer auf eigene Rechnung gespielt, weshalb es längst nicht ausgemacht ist, dass er nun allein Orbáns Lied singen wird. In Berlin sollte man dem (nebenbei fließend Deutsch sprechenden) Nachbarn daher besser die Hand ausstrecken, als ihn vorschnell abzuschreiben.“