Arbeit auf der Krim: Eremitage-Archäologe in Haft
Alexander Butjagin, Altertums-Archäologe der St. Petersburger Eremitage, ist in Polen auf Bitten der Ukraine festgenommen worden, die nun seine Auslieferung beantragen will. Butjagin leitet seit 1999 Ausgrabungen auf der Krim. Da die Ukraine seit der russischen Besetzung 2014 dafür keine Genehmigungen mehr erteilt hat, betrachtet sie dies als partielle Zerstörung von Kulturerbe-Denkmälern.
Elfenbeinturm ist kein Bollwerk gegen Politik
Die Anthropologin Alexandra Archipowa hält Butjagin auf Facebook eine für Wissenschaftler typische Blauäugigkeit vor:
„Viele meiner hervorragenden Wissenschaftlerkollegen leben in Russland in einem Elfenbeinturm. Sie sind überzeugt, man müsse sich seiner Lebensaufgabe widmen und die Politik ausklammern. Dann bliebe man von der Politik verschont. ... Butjagin ist ein hervorragender Historiker, der (ganz ohne Ironie) auf der Krim sein Lebenswerk ausgrub. Die gefundenen Objekte blieben übrigens auf der Krim. Er weigerte sich, sein Lebenswerk aufzugeben – und so hätten viele meiner Kollegen mit Wohnsitz im Elfenbeinturm gehandelt. ... Butjagin wusste von dem Ermittlungsverfahren gegen ihn, aber er glaubte an die Undurchdringlichkeit der Mauern des Elfenbeinturms.“
Präzedenzfall besorgt russische Wissenschaftler
Militäranalytiker Olexij Kopytko erklärt auf Facebook die Aufregung in der russischen Wissenschaftsgemeinde:
„Butjagin hat nicht nur sich selbst in Schwierigkeiten gebracht, sondern auch alle, die sich in vergleichbarer Lage befinden. Die also entweder in den besetzten Gebieten waren oder an offiziellen Projekten teilgenommen haben, die als Unterstützung des Angriffskriegs/der Okkupation ausgelegt werden können. ... Das heißt, wegen Butjagin werden die europäischen Behörden nun mit hoher Wahrscheinlichkeit Personen, die zuvor faktisch unantastbar waren – 'Menschen aus Wissenschaft und Kultur' und 'Vertreter kreativer Berufe' – leichter ausweisen, ihnen die Einreise verbieten oder sie sogar an die Ukraine ausliefern. ... Daher nun all dieses Gejammer von wegen 'unpolitisch'. “