Macrons Rezept gegen überfüllte Gefängnisse

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat am Dienstag seine Strafrechtsreform skizziert, die das große Problem der Überbelegung französischer Haftanstalten beheben soll. Er schlägt vor, bei Bagatelldelikten stärker auf Bußgelder und elektronische Fußfesseln zu setzen. Haftstrafen von mehr als einem Jahr hingegen sollen nicht mehr gemildert werden können. Zielen Macrons Reformpläne in die richtige Richtung?

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Le Monde (FR) /

Nun braucht es Überzeugungsarbeit

Eine notwendige Reform, für die nun noch Überzeugungsarbeit zu leisten ist, urteilt Le Monde:

„Emmanuel Macron setzt auf eine wahrhaftige Entziehungskur, damit Frankreich von seiner Neigung zu Haftstrafen loskommt, die nicht länger das A und O der Strafgerichtsbarkeit sein sollten. … Dass der Staatspräsident der Justiz eine humanistischere Vision verleihen möchte, zeugt zweifellos von Mut und Ehrgeiz. Er spricht davon, tausende Personen freizulassen, die objektiv betrachtet nichts im Gefängnis zu suchen haben. Nun gilt es, sowohl die Rechtsinstitutionen zu überzeugen, die sich darüber beschweren, nicht in die Diskussion einbezogen worden zu sein, als auch die Öffentlichkeit, die in ihrer großen Mehrheit Inhaftierungen als Lösung für sämtliche Sicherheitsprobleme betrachtet, ohne ernsthaft über deren Notwendigkeit nachzudenken.“

Mediapart (FR) /

Zellen werden voll bleiben

Mediapart hat jedoch Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit von Macrons Reformplänen:

„Haftstrafen ab einem Jahr sind ausnahmslos im Gefängnis zu verbüßen und können nicht mehr auf Bewährung ausgesetzt oder abgemildert werden. Dadurch könnten Zellen, die durch die anderen Maßnahmen freigemacht wurden, erneut gefüllt werden. Diese Praxis widerspricht auch dem Grundsatz, Inhaftierungen nur als letztes Mittel anzuwenden. Die Schwelle von einem Jahr für Gefängnisstrafen wird somit zu einem Fallbeilurteil. Es auszusprechen, ist Aufgabe der Richter. Sie müssen die neuen Regeln anwenden, die in den Augen der Öffentlichkeit vielleicht klarer sind, den Rechtsprechenden aber weniger Spielraum lassen.“