Ist Spanien zu milde zu Sexualstraftätern?

Ein Gerichtsurteil gegen eine Gruppe von Sexualstraftätern wühlt die spanische Gesellschaft auf. Fünf Männer, die 2016 in Pamplona eine 18-Jährige vergewaltigt haben sollen, sind vergangene Woche zu neun Jahren Haft verurteilt worden - die Richter entschieden, es habe sich lediglich um sexuellen Missbrauch gehandelt. Die Presse kritisiert, dass die Grenze zwischen Politik und Justiz in diesem Fall verschwimmt.

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Il Manifesto (IT) /

Urteil soll aufmüpfige Frauen bestrafen

Zehntausende Menschen gingen am Samstag im ganzen Land auf die Straße und protestierten gegen das Urteil. Auch Il Manifesto ist empört und hält das Urteil für politisch:

„Nicht nur den radikalsten und unduldsamsten feministischen Bewegungen ist klar, dass dieses so milde Urteil nicht einem Exzess rechtsstaatlicher Garantien geschuldet ist oder sich mit einer Lücke im spanischen Strafrecht zu sexuellen Straftaten erklären lässt. Es handelt sich um die politische Antwort auf den Generalstreik der Frauen am 8. März. Mehr als fünf Millionen Frauen legten an dem Tag in Spanien die produktive und reproduktive Arbeit lahm, damit klar werde, dass eine Welt ohne Frauen zum Stillstand kommt. Die Protestwelle der Frauen jetzt [nach diesem Urteil] zu stoppen, dürfte schwierig sein.“

La Vanguardia (ES) /

Gewaltenteilung respektieren

Justizminister Rafael Catalá hat einen der Richter kritisiert, was zur Empörung der Richterverbände geführt hat. Die Politik darf sich nicht in die Justiz einmischen, meint auch La Vanguardia:

„Es ist eine alarmierende Situation. Der Rechtsstaat beruht auf dem Fundament der Gewaltenteilung und die Einmischung einer Gewalt in die Angelegenheiten der anderen bringt keiner der beiden etwas. In diesem Land wurden in der Vergangenheit leider juristische Themen politisiert. ... Der Machtkampf zwischen Exekutive und Judikative ist besorgniserregend und sollte alle beteiligten Akteure zu einer Reflexion bringen. Der institutionelle Clinch zwischen Regierung und den Richtern schwächt den Rechtsstaat und verstärkt die Distanz zwischen den Bürgern und den Institutionen.“