Griechenland: Staatlich organisierter Subventionsbetrug?

In Griechenland sollen EU-Agrarfördermittel in Millionenhöhe illegal abgezweigt worden sein. Die EU-Staatsanwaltschaft spricht von einem 'organisierten Betrugssystem' bei der Subventionsvergabe durch die Behörde OPEKEPE. Migrationsminister Makis Voridis, der im fraglichen Zeitraum Landwirtschaftsminister war, sowie drei Staatssekretäre traten am Freitag zurück. Premier Mitsotakis kündigte neue Kontrollmechanismen und eine Nulltoleranz gegenüber künftigem Gefälligkeitsverhalten an.

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Protagon.gr (GR) /

Nichts aus der Krise gelernt

Ein Mentalitätsproblem, das über Politikerkreise hinausgeht, macht Protagon aus:

„Haben wir letztendlich aus der zehnjährigen Krise, die einer nationalen Niederlage gleichkam, nichts gelernt? Seltsamerweise schockieren die Dialoge nicht, die nun ans Licht gekommen sind. ... Zumindest ein großer Teil der griechischen Gesellschaft hat sich nicht entschieden, ob wir nach den demokratischen Regeln der Gleichbehandlung oder nach der Logik von Seilschaften und Vetternwirtschaft leben wollen. ... Wenn wir auf dem Weg nach Europa bleiben wollen, muss sich etwas ändern. ... Deshalb ist es gut, dass die Regierung jetzt in die Enge getrieben wird. Denn sie wird gezwungen sein, etwas zu tun.“

Naftemporiki (GR) /

Weltrekord in Intransparenz

Das ist erst der Anfang, zeigt sich Naftemporiki überzeugt:

„Viele sagen, die unabhängige Europäische Staatsanwaltschaft halte noch weitere Überraschungen für uns bereit. Denn auch die Ermittlungen, die sie aufgrund von Beschwerden über den Konjunkturfonds angeordnet hatte, stehen vor dem Abschluss. Immerhin hat unser Land in den letzten sechs Jahren einen Weltrekord für die meisten Direktvergaben in Friedenszeiten aufgestellt: Nahezu 90 Prozent der öffentlichen Aufträge wurden ohne Ausschreibung vergeben. In vielen Fällen an Briefkastenfirmen, die unkontrolliert staatliche Gelder kassierten. Der OPEKEPE-Skandal ist nur die natürliche Fortsetzung dieses Mechanismus. Er war keine Ausnahme von der Regel. Sondern selbst die Regel. Die Korruption ist ein Krebsgeschwür, dessen Metastasen sich weit verbreitet haben.“

Estia (GR) /

Εin erbärmliches Land mit erbärmlicher Führung

Statt gegen Brüssel zu ätzen, sollte Athen vor der eigenen Türe kehren, schreibt Estia:

„Hätten wir je etwas über die OPEKEPE erfahren, wenn die Europäische Staatsanwaltschaft nicht eingeschritten wäre? ... Nein. Das Tragische ist, dass wir – Griechenland, eines der ältesten Mitglieder der EU – uns beeilen, die Arbeit der europäischen Institutionen zu delegitimieren. Der Premier behauptete, noch bevor er überhaupt die Ermittlungsakte von [EU-Staatsanwältin] Kövesi gesehen hatte, dass es um eine 'europäische' Angelegenheit gehe. ... Doch in keinem anderen EU-Land wurde je verlangt, mögliche Verantwortlichkeiten von Ministern zu untersuchen. Es handelt sich um eine rein griechische Angelegenheit. Wir sind leider ein erbärmliches Land. Mit einer erbärmlichen Führung.“