Türkei droht Urlaubern - und rudert zurück

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu hat in einer Rede in Polatlı gedroht, mutmaßlich regierungskritische Urlauber aus Deutschland bei der Einreise in die Türkei festzunehmen. Nach deutschen Medienberichten über die Rede betonte Ankara, die Aussagen Soylus seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Was sind die Folgen von Soylus Rede und wie muss Deutschland reagieren?

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T24 (TR) /

Innenminister schädigt Tourismus

Soylu ist mit seinen Worten übers Ziel hinausgeschossen, sorgt sich Kolumnist Zeynel Lüle auf dem Internetportal T24:

„Denn diese Aussagen haben nicht bloß den diplomatischen Beziehungen, sondern auch dem türkischen Tourismussektor einen Schlag versetzt. Und das zu einer Zeit, in der die türkische Wirtschaft sehr fragil ist. ... Vielleicht war er in der derzeitigen Wahlkampfatmosphäre auf der Suche nach einem nationalistischen Diskurs, vielleicht verspürte er einfach den Drang, so zu sprechen. Ich weiß es nicht. ... Doch dieser Teil seiner Rede blieb nicht in Polatlı, sondern verbreitete sich weltweit. ... Wir sehen, dass das Außenministerium sich bemüht, dessen Auswirkungen zu verhindern oder zu minimieren. Allerdings ist es ein Unglück, dass diese Worte ausgerechnet in der Jahreszeit gefallen sind, in der die europäischen Touristen ihre jährliche Reiseplanung machen.“

Saarbrücker Zeitung (DE) /

Auch Reisewarnung ist jetzt eine Option

Die Saarbrücker Zeitung findet die Drohung ein starkes Stück:

„Dass man tatsächlich so handeln werde, ist zwar aus Ankara dementiert worden, freilich eher halbherzig. Offenbar geht die Sorge um, dass der neue Boom bei den Reisen in die Türkei schnell wieder vorbei sein könnte und sich die deutschen Touristen lieber andere Ziele suchen. Doch man kann Ankaras Versicherungen nicht trauen. ... Die Unzufriedenheit unter den Menschen ist groß. Da sollen starke Worte einerseits ablenken. Andererseits zeigt die Vergangenheit, dass Ankara es nicht immer dabei belässt. ... Die Bundesregierung wäre gut beraten, jetzt zügig präventiv zu handeln und auf den diplomatischen Kanälen Ankara sehr deutlich vor Willkür zu warnen. Und wenn das allein nicht hilft, muss schleunigst die nächste Reisewarnung ausgesprochen werden.“