Wofür sollen Gewerkschaften heute kämpfen?

Am 1. Mai haben Gewerkschaften in vielen europäischen Städten zu Demonstrationen aufgerufen. In Deutschland forderten die Menschen ein sozialeres Europa, in Paris überschatteten Krawalle die Kundgebung zum Tag der Arbeit und in Istanbul wurden Dutzende Menschen bei Protesten festgenommen. Kommentatoren erörtern, um welche Anliegen sich die Arbeitnehmervertreter heute kümmern sollten.

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Ouest-France (FR) /

Neue Aufgaben im 21. Jahrhundert

Die Gewerkschaften müssen sich modernisieren, um ihrer Rolle als soziale Vermittler weiter gerecht zu werden, findet Ouest France:

„In dieser ungewissen Welt, in der angesichts des Klimawandels und des Aufkommens neuer wirtschaftlicher und politischer Konkurrenten große Veränderungen bevorstehen, sind die Mittlerorganisationen, angefangen bei den Gewerkschaften, von großer Bedeutung. ... Bei der Entstehung eines neuen und sozialeren Europas können sie eine zentrale Rolle spielen. In Frankreich müssten sie jedoch ihre aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geerbten Streitigkeiten beilegen. Sie müssen die neuen Erwartungen der Beschäftigten einbeziehen, die sowohl Flexibilität als auch Gemeinschaft wünschen. Für neue Formen des Arbeitens und für Themen wie Gesundheit, Altern und Weiterbildung, müssen Rechte festgelegt werden.“

T24 (TR) /

Demokratie gibt es nur mit den Arbeitern

Demokratie und Arbeitnehmerrechte können nicht ohne einander bestehen, betont das Internetportal T24:

„Diese Beziehung ist wechselseitig. Einerseits sind Demokratie und Rechtsstaat Grundvoraussetzungen für den Arbeitskampf. Andererseits kann Demokratie nur mit einem von den Arbeitern angeführten Kampf geschaffen werden. ... In der Türkei sind die Arbeiter nicht organisiert, die Gewerkschaften machtlos. Das größte Problem sind die steigende Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise und Inflation. ... Das heutige autoritäre Ein-Mann-System zappelt in einer wirtschaftlichen und politischen Sackgasse herum und hat damit eine schwere Krise entfacht. Die Last dieser Krise wird den arbeitenden Menschen durch täglich steigende Teuerungsraten und Steuererhöhungen aufgebürdet. Die Rettung liegt in der Schaffung eines demokratischen Rechtsstaats unter der Führung von organisierten Arbeitern.“

Trud (BG) /

Der Klassenkampf wird nie enden

Der Interessenkonflikt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist nicht vermeidbar, schreibt Trud anlässlich des 1. Mai:

„Das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeitern war schon immer angespannt und wird nie aufhören, angespannt zu sein. Es wird nie Frieden geben, auch wenn jeden Tag 1. Mai wäre. Damit es überhaupt Arbeit gibt, muss jemand nämlich ein Risiko eingehen und viel Geld investieren. Im Gegenzug wird er von seinen Arbeitern harte Arbeit abverlangen. Diese beteiligen sich dafür nicht am Ruin ihres Arbeitgebers, wenn er scheitert, obwohl sie einen Teil der Verantwortung dafür tragen. Fragen Sie also einen beliebigen Menschen, was für Leute er einstellen würde, wenn er eine Firma hätte, und die Antwort wird immer lauten: Solche, die hart arbeiten.“