Bernie Sanders gibt auf

Der US-Demokrat Bernie Sanders überlässt das Rennen um die Präsidentschaft seinem parteiinternen Konkurrenten Joe Biden, der im November gegen Präsident Donald Trump antreten soll. Die Medien sehen Sanders' Mission und seine Ideen aber noch lange nicht am Ende.

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The Independent (GB) /

Seine Ideen sind relevanter denn je

Die Pandemie wird den USA vor Augen halten, wie weitsichtig die Forderungen des nun gescheiterten Kandidaten waren, prophezeit The Independent:

„Es ist alles so grausam ironisch, weil gerade das Coronavirus deutlich gemacht hat, wie vernünftig eine staatliche Krankenversicherung für alle wäre. Das zersplitterte Gesundheitssystem der USA, in dem Krankenhäuser Konkurrenten sind und der Datenaustausch nicht empfohlen wird, ist unter dem derzeitigen Druck zusammengebrochen. ... Sanders sah das alles kommen, bevor es zur Katastrophe kam, aber nur wenige wollten auf ihn hören. ... Es ist klar, dass Joe Biden heute die Schlacht gewonnen hat. Doch es ist genauso gut möglich, dass Bernie Sanders und alles, woran er glaubt, langfristig den Krieg gewinnen werden.“

Nowaja Gaseta (RU) /

Zeit für eine neue Politiker-Generation

Sanders' Anhänger werden auch nach seinem Ausstieg wachsenden Einfluss ausüben, glaubt Nowaja Gazeta:

„Biden hat jetzt also alle Karten in der Hand. Zeigt er sich nun des Vertrauens einer guten Hälfte der Amerikaner würdig - oder erweist er sich doch als der 'müde Joe', als den ihn der amtierende Präsident veräppelt? ... Bernie bleibt aber dennoch ein Motor für Veränderungen, da seine Anhänger in der Partei in den vergangenen Jahren beträchtlich an Gewicht gewonnen haben. Zweifellos wird die Modernisierung der 'Blauen' weitergehen. Sanders verlässt zwar die große Politik. Aber damit gibt er - nach Merkel - ein Signal an die anderen 70- bis 80-jährigen Staatenlenker in aller Welt: Leute, ist es nicht vielleicht Zeit, den Weg für Jüngere frei zu machen?“

De Standaard (BE) /

Arbeiter und Schwarze stehen hinter Biden

Warum es Sanders trotz seiner Beliebtheit nicht gelang, die Vorwahl für sich zu entscheiden, erklärt De Standaard:

„Dass andere Kandidaten seine Themen übernahmen und ähnliche Vorschläge lancierten, beweist, dass Sanders' Wahlkampf viel Einfluss hatte. Sanders nennt sich selbst ohne Zögern einen demokratischen Sozialisten, während das für viele Amerikaner doch ein Schimpfwort ist. ... Nach einem starken Start zeigte sich im Laufe der Vorwahlen jedoch, dass er seine sehr loyale Anhängerschaft nicht auf einen größeren Teil der Partei ausweiten konnte. Als Sanders die Vorwahl in Michigan verlor, war deutlich, dass er in einem Industriegebiet nicht gewinnen konnte. Auch die Schwarzen wählten nicht ihn, sondern überwältigend Obamas Nummer zwei, Joe Biden.“