Frankreich: Triumph für Grüne, Schlappe für Macron

Die Grünen sind die großen Gewinner der zweiten Runde der Kommunalwahlen in Frankreich. Sie eroberten die Verwaltungen in Städten wie Lyon, Marseille, Bordeaux und Straßburg. Bisher war Grenoble die einzige große Stadt mit einem grünen Bürgermeister. Die Regierungspartei um Emmanuel Macron erreichte nur schwache Ergebnisse. Kommentatoren erklären sich das Wahlergebnis auch mit der Covid-19-Pandemie.

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Libération (FR) /

Lockdown verleiht Flügel

Was den Grünen Aufwind verschafft hat, erklärt Chefredakteur Laurent Joffrin in Libération:

„Die zunehmende Sensibilisierung für Umweltfragen, die durch die Gewissensprüfung während des Lockdowns wahrscheinlich noch verstärkt wurde, und die Mobilisierung der Jugend haben die Grünen beflügelt. Sie haben die Ergebnisse des Testlaufs während der Europawahlen konsolidiert und finden sich erstmals an der Spitze wichtiger Administrationen wieder. Wobei der Vollständigkeit halber noch angemerkt werden muss: Die Sozialisten, die vom Amtsbonus und der damit verknüpften Glaubwürdigkeit profitieren und sich auf lokaler Ebene behaupten, haben ihnen [durch Wahlallianzen] dazu verholfen. Die Linke ist nicht tot…“

Der Standard (AT) /

Für schlechtes Krisenmanagement abgestraft

Der französische Präsident ist in der Defensive, meint Der Standard:

„Macron erhält die Quittung für sein schlechtes Krisenmanagment. Im Vergleich zu Deutschland reagierte er zu spät und dann zu hart. ... Der von Macron Mitte März dekretierte Lockdown verhinderte nicht eine hohe Todesrate – und setzte die Wirtschaft schlicht k.o. Von diesem Schlag wird sich Frankreich noch lange nicht erholen. ... Frankreich gleicht derzeit einem Ruinenfeld: Die strukturelle Gelbwestenkrise ist ebenso wenig überwunden wie das Virus, befindet sich die Nation doch seither in einen Zustand des permanenten Aufruhrs.“

ABC (ES) /

Wähler warten noch immer auf Erneuerung

Macrons uneingelöste Verspechen haben zum Politikverdruss beigetragen, ist sich ABC sicher:

„Das offensichtliche Desinteresse der Franzosen an diesem Wahlgang - die Enthaltung lag auf Rekordniveau - ließe sich mit den außergewöhnlichen Rahmenbedingungen der Covid-19-Pandemie begründen. Aber es liegt auch an der allgemeinen Enttäuschung nach drei Jahren Amtszeit unter Macron, der an die Macht kam, nachdem er sich als Alternative zu den traditionellen Parteien präsentiert hatte, und dem es noch nicht gelungen ist, seine Versprechen einer Erneuerung einzulösen.“