Roma-Holocaust: Gedenken an vergessenes Verbrechen

Am Sonntag wurde in mehreren Ländern Europas an den Völkermord an 500.000 Sinti und Roma im Zweiten Weltkrieg erinnert. Am 2. August 1944 starben die letzten 4300 Menschen aus dem sogenannten "Zigeunerlager" von Auschwitz in den Gaskammern. In der Erinnerungskultur Tschechiens und der Slowakei ist dieser Teil des Holocausts trotz der relativ großen Roma-Bevölkerung kaum präsent, bemängeln Kommentatoren.

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Seznam Zprávy (CZ) /

Tschechiens Gedächtnis auffrischen

Dass am Wochenende Roma-Fahnen auf den tschechischen Rathäusern wehten, begrüßt Seznam Zprávy als wichtige Gedenkaktion:

„Die Überraschung mancher Passanten über die Fahnen erstaunt nicht. Über den Holocaust an den Juden ist hier in den Schulen über Generationen kaum etwas gelehrt worden - über den Roma-Holocaust erst recht nicht. Leider hat sich nicht viel daran geändert. Während des Zweiten Weltkriegs verloren die tschechischen Länder 90 Prozent ihrer Roma-Bevölkerung - fast 6.000 Frauen, Kinder und Männer. Insgesamt starben in Auschwitz mehr als 20.000 Roma und Sinti, und die Gesamtzahl der Opfer in ganz Europa wird auf eine halbe Million geschätzt. Deshalb wehen Roma-Flaggen über den Rathäusern, deshalb werden die Namen der Opfer am Sonntagabend auf dem Platz des Friedens in Prag verlesen.“

Pravda (SK) /

Diskriminierung dauert bis heute an

Mehr Bewusstsein zum Roma-Holocaust wäre für die slowakischen Minderheiten wichtig, mahnt Pravda:

„Obwohl die Nazis ein Drittel der in Europa lebenden Roma umgebracht haben, wissen in der Slowakei nur wenige Menschen über deren Schicksal Bescheid. Leider werden auch heute noch die Grundrechte und -freiheiten von Menschen verletzt, die in irgendeiner Weise anders sind. ... Präsidentin Čaputová drückte es beim staatlichen Gedenken treffend aus: 'Wir werden eine tolerante Gesellschaft nur dann aufbauen, wenn wir verstehen, wie einfach und äußerst gefährlich es ist, eine Minderheit aufgrund von Unterschieden zu entmenschlichen und Vorurteile zu nutzen, um verbale und körperliche Gewalt oder Völkermord in extremster Form zu rechtfertigen.'“