Wer kommt nach Merkel?

Seit November 2005 ist Angela Merkel deutsche Bundeskanzlerin - länger war vor ihr nur Helmut Kohl im Amt. Bei der Bundestagswahl in diesem Herbst wird sie aber nicht mehr als Kandidatin für die Unionsparteien antreten, die sich bisher nicht einigen kann, wer stattdessen in den Ring steigen soll. Bei den Grünen soll Annalena Baerbock Kanzlerkandidatin werden. Kommentatoren sind gespannt.

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Wiener Zeitung (AT) /

Der Vortritt gebührt Laschet

Die Wiener Zeitung rät der Union zu Schadensbegrenzung:

„Es ist stets ein Versäumnis der Altvorderen, wenn sie den Nachfolgern kein geordnetes Verfahren hinterlassen, die familieninterne Konkurrenz in produktive Bahnen zu lenken, sondern ihrer destruktiven Energie freien Raum zur Entfaltung zu bieten. ... Der letzte Rest von Rationalität in diesem irrationalen Duell wäre nun, dass Laschet dennoch als Kanzlerkandidat in die Wahl geht. Der Chef der kleineren Partei sollte nicht der größeren seinen Willen oktroyieren. ... Und für die Zukunft ist der Union zu raten, sich ein festes Verfahren für die K-Frage zu geben.“

Les Echos (FR) /

Wenn zwei sich streiten, freut sich die Grüne

Les Echos sieht in der grünen Kandidatin Baerbock eine neue Merkel:

„Die ehemalige Trampolin-Spitzensportlerin hat genug Kraft, um das derzeitige Momentum zugunsten der Grünen zu nutzen, während die Konservativen und die SPD in Personal-Querelen versinken und in den Umfragen absteigen. ... Zwar hatte die einfache Abgeordnete für das ostdeutsche Bundesland Brandenburg noch kein Amt inne, doch ihre anerkannte Kompetenz reicht vom Klima über Europa - das sie engagierter sehen will - bis hin zu sozialen Fragen. Eine wachsende Zahl von Deutschen sieht sie als Nachfolgerin von Angela Merkel. Eine Option, die die Kanzlerin, so scheint es, mit großem Wohlwollen betrachten würde...“

NRC (NL) /

In jedem Fall ein spannender Neuanfang

NRC Handelsblad sieht die Erosion der politischen Mitte in Deutschland als zentrale Herausforderung:

„Die deutsche politische Landschaft ist stark in Bewegung gekommen, und jeder in Europa täte gut daran, darauf genau zu achten. ... In der Ära Merkel verloren die Parteien der Mitte an Bedeutung, an den Flanken war viel Bewegung. Nach den Umfragen wird Berlin angewiesen sein auf eine abenteuerliche Koalition. ... Deutschland wird, wer auch immer auf Merkel folgt, nicht sofort ein radikal anderes Land mit anderen Interessen in der europäischen Politik werden. Aber der Führungsstil wird anders sein, und es werden neue Akzente gesetzt. “