Haiti: Was kann internationale Hilfe leisten?

Nach dem Erdbeben auf Haiti am Wochenende vermutet das Hilfswerk Unicef, dass mindestens 15 Millionen US-Dollar benötigt werden, um die dringendsten Bedürfnisse der betroffenen Menschen zu erfüllen. Da viele Ortschaften nur aus der Luft erreichbar sind, kommen Hilfslieferungen nur sehr langsam an. Angesichts dieser Katastrophe diskutiert Europas Presse, wie nachhaltig internationale Nothilfe ist.

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Upsala Nya Tidning (SE) /

Hier könnte wirklich etwas erreicht werden

Für eine großangelegte Unterstützung Haitis plädiert Upsala Nya Tidning, da diese sich auf die gesamte Region auswirken könnte:

„Es gibt Zeichen, dass in Haiti mit einem Bruchteil der internationalen Bemühungen, die in Afghanistan entfaltet wurden, etwas erreicht werden kann. Haiti ist kein Terrorstützpunkt und hat kaum ein hohes geopolitisches Interesse. Das Land ist einfach arm und korrupt. Eine positive Entwicklung in Haiti kann sich wie Ringe im Wasser ausbreiten.“

NRC (NL) /

Investitionen statt Spenden

Jetzt braucht Haiti schnelle Nothilfe, danach müssen sich die Helfer aber auch wieder aus dem Land verabschieden, fordert NRC Handelsblad:

„Gut gemeinte Milliardenhilfe bietet keine strukturelle Lösung. Nach dem letzten Putsch von 2004 und dem Erdbeben von 2010 wurde das Land ein Hilfsparadies unter der Leitung hunderter NGOs und einer UN-Mission, die so nebenbei auch noch eine Cholera-Epidemie mit 10.000 Toten verursachte. Die internationale Hilfe schwächte die Institutionen Haitis weiter und leistete Korruption Vorschub. Nothilfe nach den jüngsten Naturkatastrophen ist natürlich notwendig und nötig. Danach aber werden Investitionen gebraucht statt Spenden und Geld ausgebende Urlauber statt ehrenamtlicher Helfer.“

taz, die tageszeitung (DE) /

Der Westen bestätigt seinen Überlegenheitskomplex

Die internationale Hilfe basiert auf einer veralteten und kolonialen Ideologie, meint die taz:

„Während Bilder zeigen, wie die einheimische Bevölkerung Menschen rettet und in nachbarschaftlicher Solidarität die Lage versucht unter Kontrolle zu bringen, setzt sich eine internationale Hilfsmaschinerie in Gang, die auf der Rede von der vorgeblichen Hilflosigkeit der Opfer basiert. Dieses Denken greift auf Vorurteile zurück: dass im Land nichts vorliege, das zur Rettung beitragen könne. Die in Hilfe verpackte alte koloniale Idee, die lokale Kapazitäten missachtet, steht für ein veraltetes Überlegenheitsdenken.“

The Economist (GB) /

Haitis Pech gründet in seiner Armut

Der Geldmangel ist Haitis größtes Problem, analysiert The Economist:

„Seine Notfalldienste und Krankenhäuser haben nicht genügend Kapazitäten, wenn der Katastrophenfall eintritt. Seine Flughäfen sind so winzig, dass nach dem Erdbeben im Jahr 2010 nicht die gesamte Hilfe, die angeboten wurde, auch angenommen werden konnte. Auf der globalen Rangliste für den Mangel an Fähigkeit zur Krisenbewältigung steht das Land hinter Ländern wie Afghanistan und Syrien, die von Konflikten geplagt werden. … Die naheliegendste Erklärung für Haitis Pech ist also Armut. Es fehlt hier an Ressourcen, um sich von Katastrophen zu erholen und sich vor neuen zu schützen.“