Inflation: Muss die EZB jetzt handeln?

Im Euroraum lag die Inflationsrate im Oktober bei 4,1 Prozent. Kritiker werfen der EZB vor, mit ihrer lockeren Geldpolitik, bei der sie über Anleihekäufe Milliarden in die Geldmärkte pumpt, die Inflation noch anzuheizen. EZB-Chefin Lagarde hat nun um Geduld gebeten - die Inflation werde auch ohne einen Eingriff der Notenbanker zurückgehen.

Alle Zitate öffnen/schließen
Corriere del Ticino (CH) /

Kein vorübergehendes Phänomen

Der Zeitpunkt, an dem die Finanzmärkte aus ihrer Traumwelt aufwachen müssen, rückt näher, prophezeit Corriere del Ticino:

„Die Schlaftabletten wurden von den Zentralbanken verabreicht, die fortfuhren, Geld in die Wirtschaft zu pumpen, obwohl die Inflation wieder auflebte und sich das Wachstum nach den härtesten Monaten der Pandemie stark erholte. Um die Finanzmärkte in einem Zustand der Euphorie zu halten, haben die Währungsbehörden argumentiert, dass der Preisanstieg nur vorübergehend sei, obwohl die Inflation in den USA 6,2 Prozent, in der Eurozone 4,1 und in der Schweiz 1,2 Prozent betrug. Die These eines vorübergehenden Phänomens scheint jedoch immer weniger haltbar, da die Inflation überall gestiegen ist und sich in einigen Ländern sogar in Lohnerhöhungen niedergeschlagen hat.“

Le Monde (FR) /

Gefährliche Gratwanderung

Die EZB sollte keine schnellen Schlüsse ziehen, rät Le Monde:

„Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine anhaltende Inflation sowohl zu einem Rückgang der Kaufkraft - vor allem bei den unteren Einkommensgruppen - als auch zu einer Entwertung des Geldes führt, was wiederum Ersparnisse auffrisst. ... Die Gratwanderung ist gefährlich: Wer zu früh handelt, um der drohenden Inflation vorzubeugen, riskiert, das eben erst durch eine beispiellose Haushaltspolitik entstandene Wachstum zu zerstören. Die Preise einfach weiter steigen zu lassen, könnte zu einem Trugbild führen, dessen Auswirkungen ebenso fatal sind.“

Interia (PL) /

Polen kann sich nicht entziehen

Der polnische Złoty schwächelt wie seit zwölf Jahren nicht mehr, was Preissteigerungen bei Importprodukten zur Folge hat. Interia meint dazu:

„Die starke Abwertung unserer Währung ist nicht nur für die Skiurlauber im Ausland eine schlechte Nachricht, sondern vor allem für die verspäteten Versuche, die grassierende Inflation einzudämmen. Sie ist eine Warnung der aus der polnischen Währung flüchtenden internationalen Investoren, man möge Fantasien vom 'starken Złoty' ad acta legen, denn es handelt sich nur um die lokale Währung eines Schwellenlandes, deren Notierungen stark von den globalen Kapitalströmen abhängen. ... Eine solch rasche Schwächung des Złoty wird, wenn der Trend anhält, kolossale Folgen für die polnische Wirtschaft, die privaten und staatlichen Haushalte haben.“