Missbrauch: Gutachten belastet Papst Benedikt XVI.

Ein neues, 1.900 Seiten dickes Gutachten zu Missbrauchsfällen im katholischen Erzbistum München und Freising belastet den emeritierten Papst Benedikt XVI. schwer. Benedikt, der von 1977 bis 1982 Erzbischof von München war, soll in vier Fällen nichts gegen Geistliche unternommen haben, denen sexueller Missbrauch von Minderjährigen vorgeworfen wurde. Er weist alle Vorwürfe zurück.

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Irish Examiner (IE) /

Ehrentitel entziehen

Jetzt muss gehandelt werden, findet Irish Examiner:

„Es ist schockierend, aber wenig überraschend, dass die Untersuchung feststellt, dass der ehemalige Papst es versäumt hat, vier Geistliche, die des sexuellen Missbrauchs von Kindern beschuldigt wurden, zu stoppen. ... Als Benedikt im Jahr 2013 als erster Papst seit 600 Jahren abdankte, durfte er weiter im Vatikan leben und erhielt den Ehrentitel Papst emeritus. Angesichts der Tatsache, dass Papst Franziskus die Gesetze der katholischen Kirche geändert hat, um sexuellen Missbrauch explizit zu kriminalisieren, und verfügte, dass Bischöfe Maßnahmen ergreifen müssen, wenn Vorwürfe laut werden, wäre es eine Missachtung der Opfer, ihm zu erlauben, seinen Titel zu behalten.“

Der Standard (AT) /

Aufklärung dient auch Selbsterhaltung

Die katholische Kirche muss auch aus eigenem Interesse mit dem Leugnen und Verdrängen aufhören, fordert Der Standard:

„Dass der emeritierte Papst Benedikt XVI. eines Tages noch etwas Bedeutendes zu verkünden hat - nämlich dass er als Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger fehlbar war und Missbrauch vertuscht hat -, ist leider nicht zu erwarten. ... Doch das Motto 'Augen zu und mit Weihrauch durch' darf es nicht mehr geben. Das ist die Kirche den viel zu vielen Opfern schuldig. Zudem dient dies der Selbsterhaltung. Sonst sind auch im katholischen Bayern die Kirchen bald leer.“

Corriere della Sera (IT) /

Kampf zwischen Liberalen und Orthodoxen geht weiter

Corriere della Sera verweist auf den Streit innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland:

„Die Untersuchung wurde auf Veranlassung von Reinhard Marx, dem derzeitigen Erzbischof von München, durchgeführt, der Papst Franziskus unterstützt und ein führender Vertreter des progressiven, Ratzinger feindlich gesinnten Flügels ist. ... Im deutschen Episkopat gibt es seit Jahren Zerwürfnisse zwischen 'Orthodoxen' und 'Liberalen'. Diese betreffen die Beziehungen zur homosexuellen Gemeinschaft, die Möglichkeit der Abschaffung des Zölibats der Priester und das weibliche Priestertum. Nun zeichnet sich auch ein interner Streit über das Münchner Gutachten ab. Kardinal Gerhard Müller, aber nicht nur er, sieht darin 'eine weitere globale Welle des Schlamms gegen die Kirche für Dinge, die vierzig Jahre zurückliegen'.“