Portugal: Alles offen bei vorgezogener Neuwahl

Portugal wählt am Sonntag vorzeitig ein neues Parlament, weil die sozialistische Minderheitsregierung mit ihrem Haushalt für 2022 keine Mehrheit fand. Premier Costas Sozialisten lagen in den Umfragen lange vorne, doch auf den letzten Metern holte sie die liberal-konservative PSD ein. Auch die ultrarechte Chega könnte deutlich zulegen. Die einen begrüßen das offene Rennen, anderen graut es vor Chaos.

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Público (PT) /

Jetzt schon ein Sieg der Demokratie

Público ist vom Verlauf des Wahlkampfs angenehm überrascht:

„Wenige Tage vor den Wahlen weiß niemand, wer gewinnen wird, und das ist gut für die Demokratie. Ungewissheit regt zur Debatte an, und Debatte regt zur Beteiligung an. Was als vorhersehbare und nutzlose Übung erschien, weil sie dazu verdammt war, die Ergebnisse von 2019 zu wiederholen, wich einem lebendigen Wahlkampf mit Veränderungen im Kräfteverhältnis zwischen den Parteien und ideologischen Bereichen, mit Neuerungen bei den diskutierten Themen, mit unbekannten Charakteren, die sich offenbaren, unsicheren Parteivorsitzenden, die sich behaupten, und selbstbewussten Regierungskräften, die sich durchsetzen müssen.“

Observador (PT) /

Bloß nicht noch einmal Costa

Observador gibt dem amtierenden sozialistischen Premier die Schuld für die politische Instabilität im Land:

„Ein großer Fehler Costas war, dass er [2019] die absolute Mehrheit zur Bedingung für Stabilität machte. Wenn also die Portugiesen Costa die absolute Mehrheit verweigern, bedeutet das, dass sie ihn nicht als Faktor der Stabilität, sondern der Instabilität betrachten. ... Nach den Wahlen wird Portugal wieder einmal zwischen der 'antifaschistischen Linken' und der 'extremen Rechten' gespalten sein. Nach einer politischen Krise und mitten in einer Pandemie drohen wir Anfang 2022 ins Jahr 2015 zurückzukehren, zu einer Lösung [einer linken Minderheitsregierung], die schon 2019 einen Dämpfer erlitt und 2021 völlig scheiterte. Das ist die Definition von Instabilität. Hier liegt die größte Gefahr für Portugal nach dem Wahlsonntag. Sie hat ein Gesicht, und ihr Name ist António Costa.“