Ist Griechenland auf dem Weg in die Autokratie?

Griechenlands Premier Mitsotakis hat Rücktrittsforderungen wegen der Abhöraffäre erneut zurückgewiesen. Er nennt weiterhin keine Gründe für die Abhöraktion und sagt, er habe nichts davon gewusst. Auch vor dem Hintergrund der im kommenden Jahr anstehenden Wahl blicken Kommentatoren auf die Ereignisse.

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Efimerida ton Syntakton (GR) /

Privatsphäre gibt es nicht mehr

Efimerida ton Syntakton ist erzürnt über Mitsotakis‘ Erklärung Ende August im Parlament:

„Der Mann, der das Land regiert, vermied es, substanzielle und überzeugende Antworten auf die wichtigsten Fragen der Opposition zu geben, er griff ständig zu Lügen, kindischen Ausreden und lächerlichen Erklärungen. ... Das Schlimmste ist jedoch, dass er auf dieser Grundlage das Überwachungsregime verteidigt, das er selbst geschaffen hat. … Er behauptete, dass kein griechischer Bürger, Politiker, Journalist, Geschäftsmann oder Angestellter von der Überwachung ausgeschlossen ist. Er akzeptierte damit, dass es so etwas wie ein Privatleben nicht gibt, weil dieses unter der Aufsicht staatlicher Stellen stehen muss, die es - aus irgendwelchen erfundenen oder vorgeschobenen Gründen - verletzen können.“

Ta Nea (GR) /

Turbulenzen können wir jetzt nicht gebrauchen

Zu politischer Instabilität darf es jetzt keinesfalls kommen, warnt Ta Nea:

„Dies gilt umso mehr in einer Zeit, in der die Energiekrise und die Inflationstendenzen die geopolitische Architektur Europas in ihren Grundfesten erschüttert haben und eine asymmetrische Bedrohung darstellen. Es ist eine Zeit, die Kräften Raum bietet, die versuchen, eine turbulente Situation zu schüren. Wir sollten das Beispiel des benachbarten Italiens nicht außer Acht lassen, wo die Erschütterungen infolge des Rücktritts von Premier Draghi Druck auf die Wirtschaft und die Staatsanleihen ausgeübt und ein politisches Umfeld geschaffen haben, in dem das mögliche Entstehen einer rechtsextremen parlamentarischen Mehrheit das Land vor neue Herausforderungen stellen wird.“

Spiegel Online (DE) /

Wiege der Demokratie auf wackeligem Fundament

Der Spiegel kritisiert Mitsotakis scharf:

„Griechenland versteht sich selbst als die Wiege der Demokratie. Tatsächlich aber greift Mitsotakis immer häufiger auf die Methoden eines Autokraten zurück. Er und seine Leute haben die Lüge zu einem Wesenskern ihrer Politik gemacht. So haben der Spiegel und andere Medien die illegalen Pushbacks Griechenlands lückenlos dokumentiert. … Und dennoch behauptet die griechische Regierung bis heute schamlos, keine Pushbacks durchzuführen. Sie zersetzt damit das Fundament, auf dem ein demokratischer Diskurs stattfinden kann. … Es liegt zuallererst an den Griechinnen und Griechen, den autoritären Trend in ihrem Land zu stoppen. Spätestens im kommenden Jahr wird in Griechenland gewählt.“