EZB beschließt erneut Leitzinserhöhung

Trotz Turbulenzen an den Finanzmärkten hat die Europäische Zentralbank den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf 3,5 Prozent angehoben. Die Währungshüter wollen damit die anhaltend hohe Inflation eindämmen. Kommentatoren fragen sich, ob dieser Schritt als Vertrauensbeweis für den Bankensektor beruhigend wirken könnte oder zu riskant ist.

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El Periódico de Catalunya (ES) /

Ein Vertrauensbeweis für die Banken

El Periódico de Catalunya lobt die Entscheidung:

„Bekämpfung der Inflation oder Schutz des Finanzsystems? Das war die Wahl der EZB, die mit Spannung erwartet wurde. Durch die Anhebung der Zinssätze kühlt sich die Wirtschaft ab und die Preise stabilisieren sich. Gleichzeitig ist der Zinsanstieg aber auch einer der Gründe für den Sturz der SVB. ... Wenn die EZB das Geld weiter verteuert, macht sie den Kampf gegen die Inflation zu einer Priorität. ... Die Tatsache, dass die EZB den Bankensektor nicht zu beruhigen versucht hat, kann paradoxerweise als Vertrauensbeweis gewertet werden: Er braucht keine Extra-Maßnahmen, weil er stabil genug ist.“

Corriere della Sera (IT) /

Tiefe Gräben

Nicht alle waren für die Anhebung, wirft Corriere della Sera ein:

„Dahinter verbergen sich tiefe Gräben. Viele Zentralbanker aus Mittel- und Nordeuropa würden die geldpolitische Straffung gerne fortsetzen, wenn auch schrittweise, um den Zeitpunkt der Rückkehr zu einer Inflation von zwei Prozent vorzuziehen. Andere, vor allem aus Südeuropa, weisen darauf hin, dass die Prognosen der EZB selbst auf einen Rückgang der Inflation in zwei Jahren hindeuten. Die einen also setzen auf eine stärkere Bremsung der Wirtschaft, um das Risiko des Verlustes der Preiskontrolle zu beseitigen. ... Die anderen möchten, dass die Zentralbank eine Pause einlegt, um zu sehen und zu verstehen, was vor sich geht.“

Portfolio (HU) /

Alle Eisen im Feuer

Die EZB hat Zeit gekauft, meint Portfolio:

„Die EZB hat ein außerordentliches Meisterwerk der Kommunikation vollgebracht: Sie hat das bisherige Tempo der Zinserhöhungen und die versprochene geldpolitische Strenge beibehalten und gleichzeitig die Tür für einen möglichen Stopp der Zinserhöhungen als Reaktion auf Bankinsolvenzen geöffnet, wobei die Bedrohungen für das Bankensystem kaum erwähnt wurden. Dadurch hat sie den Eindruck erweckt, dass man sich keine Sorgen um die Stabilität des Bankensystems machen müsse . ... Die EZB hat Zeit gekauft. ... Die nächste Sitzung findet derweil im Mai statt: Sollte sich das Problem bis dahin ausweiten, könnte die EZB die Zinserhöhung einstellen, ohne ihre eigene Glaubwürdigkeit zu beschädigen.“