Schottland: Wer ist Humza Yousaf?

Die Nachfolge der zurückgetretenen Regierungschefin Nicola Sturgeon ist geklärt. Die Mitglieder der Scottish National Party wählten den bisherigen Gesundheitsminister Humza Yousaf zu ihrem neuen Vorsitzenden. Yousaf gilt als sozial-liberal und enger Vertrauter seiner Vorgängerin. Was von ihm zu erwarten ist, diskutiert die europäische Presse.

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The Scotsman (GB) /

Partei ist weiterhin zerstritten

Yousaf wird keinen Neustart für die SNP liefern können, glaubt The Scotsman:

„Als neuer Führer der SNP wird er viel Energie darauf verwenden müssen, ein sinkendes Schiff zu stabilisieren und die Feuer der Rebellion in dessen Laderaum zu löschen. Zerstrittene Parteien gewinnen keine Wahlen und die tiefen Verwerfungen, die sich im Kampf um die Parteispitze gezeigt haben, machen eine Erneuerung der SNP im Amt so gut wie unmöglich. Die ernsthaften Herausforderungen der Politik wie die langen Wartelisten für medizinische Behandlungen, die Armutslücke und die Leistungsunterschiede in der Schule werden nicht angegangen, solange der Machtkampf in der SNP auch nach der Wahl weitergeht.“

The Irish Times (IE) /

Mann der Mitte

The Irish Times begrüßt, dass sich die SNP-Mitglieder für Yousaf und gegen die konservativere Kate Forbes entschieden haben:

„Mit ihrer Mitgliedschaft in der evangelikalen Free Church of Scotland, ihrem Widerstand gegen die gleichgeschlechtliche Ehe und der Überzeugung, dass es 'falsch' sei, Kinder außerhalb der Ehe zu bekommen, scheint Forbes die jüngeren SNP-Mitglieder entfremdet zu haben. Humza Yousaf steht nun vor einer gewaltigen Aufgabe, besonders mit Blick darauf, die hochbeliebte Sturgeon zu ersetzen. Aber wenigstens ist er ein Parteichef, der für den SNP-Mainstream steht. Bei einer von Forbes geführten Partei hätte der sofortige Rückzug des grünen Koalitionspartners und ein Wegbrechen der Unterstützung linker Wähler gedroht.“

Polityka (PL) /

Großbritanniens Klassengesellschaft verändert sich

Polityka erkennt einen neuen Trend in der britischen Politik:

„Symbolisch ist Yousafs Wahl für Schottland ein Wendepunkt. Nicht nur wegen seines Alters, sondern auch wegen seiner Herkunft. Yousaf wird der erste schottische Regierungschef sein, der aus einer ethnischen Minderheit stammt. Zugleich ist er Teil eines breiteren Trends in der britischen Politik. Der Vorsitzende des schottischen Zweigs der Labour Party, Anas Sarwar, ist ebenfalls ein Nachkomme von Zuwanderern aus Asien. ... Nimmt man noch die Tatsache hinzu, dass Großbritannien von Rishi Sunak, einem weiteren Vertreter der zweiten Migrantengeneration, regiert wird, so wird deutlich, wie viel sich in den letzten Jahren in der klassen- und rassenmäßig verknöcherten britischen Politik verändert hat.“