Sind Europas Staudämme ausreichend geschützt?

Der Kollaps des Kachowka-Staudamms wird in der Ukraine und im Westen weithin als russische Kriegshandlung gewertet, die daraus folgenden Verheerungen als Akt der Aggression. In Russlands Nachbarschaft wächst nun die Sorge, eigene Stauwerke und andere kritische Infrastruktur könnten nicht hinreichend geschützt sein.

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Turun Sanomat (FI) /

Gefährdete Schwachstellen einer Gesellschaft

Für Turun Sanomat ist die Zerstörung eines Staudamms ein brutaler Angriff auf das Gemeinwesen:

„Zehntausende Häuser sind von Überschwemmungen bedroht. Unter Trinkwassermangel könnten hunderttausende Menschen zu leiden haben. … Angriffe auf zivile Infrastruktur, wie zum Beispiel Wasserwerke, sind ein wirksames Mittel zur Destabilisierung einer Gesellschaft. Selbst in Finnland, wo kein Krieg droht, müssen wir auf solche Angriffe vorbereitet sein. Ausländische Akteure haben strategische Informationen aus offen zugänglichen Quellen von Gemeinden gesammelt. Die Zerstörung des Staudamms von Kachowka ist ein schockierendes Beispiel für den Schrecken des Krieges. Solche Zerstörung um jeden Preis ist kompletter Wahnsinn.“

Aftonbladet (SE) /

Sorgfältige Wartung allein reicht nicht

Schweden ist bisher nicht darauf eingestellt, dass Stau-Anlagen zu einem Ziel feindlicher Aktionen werden könnten, sorgt sich Aftonbladet:

„Was bei Cherson passiert ist, zeigt, wie anfällig selbst der stabilste Teil unseres Stromsystems sein kann. Alle von den schwedischen Behörden verwendeten Modelle gehen davon aus, dass Dammbrüche natürliche Ursachen haben. Dies lässt sich bestenfalls durch Wartung und Kontrollen vermeiden. Doch wie vermeidet man, dass jemand wissentlich einen Damm sprengt und das Wasser freisetzt? Die Katastrophe am Dnipro ist eine weitere Erinnerung daran, dass wir in Schweden unsere Wachsamkeit erhöhen müssen. Und daran, warum Russland den Krieg in der Ukraine nicht gewinnen darf.“

Õhtuleht (EE) /

Narva ist Estlands Achillesferse

Õhtuleht schreibt:

„Die Sprengung des Kachowka-Damms hat bestätigt, was wir bereits wissen: Die russischen Streitkräfte denken nicht an die Folgen. Ohne groß darüber nachzudenken, wo sie sind und warum, zerstören sie wahllos alles, was man ihnen durchgehen lässt. ... Das gibt einem zu denken: Wie gut sind wir vorbereitet, wenn sie wirklich zu uns kommen wollen? Was sind unsere empfindlichsten Objekte? ... Der erste große sensible Standort liegt direkt an der Grenze: die Kraftwerke von Narva, Estlands größte Strom- und Wärmeerzeuger, die mehr als 90 Prozent der in Estland produzierten Elektrizität liefern. Welche Auswirkungen hätte die Zerstörung dieses Komplexes auf die Bevölkerung von Narva, die überwiegend russischsprachig ist?“