Russland wählt 2024 (k)einen neuen Präsidenten

In Russland werden voraussichtlich am 17. März 2024 Präsidentschaftswahlen abgehalten. Amtsinhaber Wladimir Putin hat zwar seine erneute Kandidatur noch nicht erklärt, doch von ihr wird allgemein ausgegangen. Für Kommentatoren ist bereits klar, dass an Putin so oder so kein Weg vorbeiführt.

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Alexander Morosow (RU) /

Echte Kriegsgegner landen ausnahmslos im Gefängnis

Soziologe Alexander Morosow hält es auf Facebook für unmöglich, dass Kandidaten mit Antikriegs-Agenda antreten:

„Denn jede Äußerung über den Krieg fällt unter die Artikel über Extremismus oder Diskreditierung der Armee. Wie können potentielle Bewerber wie Nadeschdin oder Dunzowa sich gegen den Krieg aussprechen, wenn Sascha Skotschilenko gerade zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde, die Abgeordnete des Tomsker Stadtrats Xenia Fadejewa in U-Haft steckt und der Moskauer Bezirksabgeordnete Alexei Gorinow ebenfalls sieben Jahre erhielt? Kritik am Krieg 'von rechts' hat auch zur Inhaftierung geführt, von Girkin. Deshalb würde jede Antikriegs-Aussage eines Kandidaten als mit dem Kreml abgestimmt wahrgenommen werden, denn andernfalls wäre derjenige ein Selbstmörder.“

The New Times (RU) /

Nützlicher Tanz um die Fahne

Für The New Times ist der Wahlgang vorrangig eine Akklamation zur Bekräftigung des Kreml-Kurses:

„Putin braucht die Wahlen sehr. Es ist eine Gelegenheit, die Legitimität des Führers und seiner Konfrontation mit der zivilisierten Welt aufzufrischen und auch der Minderheit - durch das vorhersehbar beeindruckende Wahlergebnis - zu zeigen, dass sie immer noch eine Minderheit ist und sich nicht gegen den Willen der Mehrheit stellen kann. Dass es sich dabei nicht um eine Wahl, sondern um eine Art Referendum in Form einer Akklamation handelt, stört niemanden. ... Der Tanz um die Fahne ist nützlich, um die Wähler für Putin zu mobilisieren und ihnen dessen zentrale Propagandathesen einzubläuen. Und um die Eliten daran zu erinnern, wer Herr im Haus ist.“

LA.LV (LV) /

Ablösung kann nur gewaltsam erfolgen

Politikwissenschaftler Veiko Spolītis spekuliert in LA.LV über ein post-putinsches Russland:

„Wenn wir uns die Geschichte Russlands ansehen, können wir nach meiner Ansicht erwarten, dass Putins Tage irgendwann infolge eines internen Putsches gezählt sein werden. Nur dieser Fall kann eintreten, weil Putin in den letzten 23 Jahren jede Alternative zu seiner Macht zerstört hat, so dass es in Russland eigentlich niemanden gibt, der die Verantwortung für die Regierung des Landes übernehmen könnte. Sie wurden alle entweder aus Russland ausgewiesen, getötet, oder sitzen im Gefängnis. … Wir werden Zeiten des Wandels erleben, die vielleicht so etwas wie eine Russische Föderation schaffen werden – im Moment gibt es nur einen Einheitsstaat.“