Papstwahl: Wie entscheidet das Konklave?

Ab dem heutigen Mittwoch kommen im Vatikan 133 Kardinäle zusammen, um einen Nachfolger von Papst Franziskus zu bestimmen. Jeden Tag gibt es vier Wahlgänge. Die Wahlzettel werden verbrannt und schwarzer Rauch steigt auf – solange bis weißer Rauch “Habemus Papam” verkündet. Kommentatoren nehmen das Prozedere unter die Lupe.

Alle Zitate öffnen/schließen
Dnevnik (SI) /

Ein politisches und geostrategisches Ringen

Die Wahl eines neuen Kirchenoberhaupts ist für Dnevnik ein durchaus spannendes Spektakel:

„Es ist fast immer unmöglich, den Namen eines neuen Papstes vorherzusagen, und dieses Mal ist es noch schwieriger. In den kommenden Tagen wird unter Michelangelos Fresken ein politisches und geostrategisches Ringen auf höchstem Niveau stattfinden. Es geht dabei um religiöse, ideologische und persönliche Interessen. Von Abstimmung zu Abstimmung werden sich kurzfristige Allianzen bilden und wieder zerfallen. Alte Bündnisse werden aufgebrochen, neue entstehen im Handumdrehen. … Konservative und Progressive, Pfarrer und Theologen, Mitglieder der römischen Kurie, Kardinäle aus dem globalen Süden und vatikanische Diplomaten werden sich gegenüberstehen.“

Aargauer Zeitung (CH) /

Wahrscheinlich wird es ein Kompromisskandidat

Die Aargauer Zeitung glaubt nicht an einen zukünftigen Papst mit reformorientiertem Kompass:

„Die meisten Purpurträger hat Franziskus aufgrund ihres Engagements für die Armen kreiert. Das gilt umso mehr für die Kardinäle des Südens, die heute die Hälfte ausmachen. Vergessen geht, dass von diesen nur die wenigsten reformorientiert im westlichen Sinne sind. Darum ist es sehr wahrscheinlich, dass der zu 80 Prozent von Franziskus bestellte Wahlkörper gerade keinen wie ihn zum Nachfolger küren wird, sondern einen Kompromisskandidaten, wahrscheinlich aus dem Süden. … Das Konklave dürfte also eine Kurskorrektur bringen und gerade keine lineare Fortsetzung des Franziskus-Pontifikats.“

The Irish Times (IE) /

Überraschungen sind immer möglich

Schon die Wahl von Franziskus nach sehr konservativen Vorgängern bewies, dass der Ausgang einer Papstwahl nicht vorhersagbar ist, so The Irish Times:

„Zur Ungewissheit trägt bei, dass sich viele der derzeitig wählenden Kardinale nicht kennen. Das römische Sprichwort 'Wer als Papst in die Wahl geht, kommt als Kardinal heraus' verheißt nichts Gutes für die Aussichten vermeintlicher Favoriten wie Antonio Tagle von den Philippinen oder den derzeitigen vatikanischen Staatssekretär Pietro Parolin (einer von drei italienischen Kandidaten). Beide Männer waren in den letzten Tagen Gegenstand negativer Schlagzeilen, was beweist, dass schmutzige Tricks nicht nur in der Parteipolitik zum Einsatz kommen.“

eldiario.es (ES) /

Undemokratische Wahl eines absoluten Monarchen

Der Schriftsteller Isaac Rosa kritisiert in eldiario.es das Konklave mit ironischer Distanz:

„Betrachtet man das Konklave einmal anders, kann man es nicht mehr ernst nehmen: Eine Gruppe älterer Männer trifft sich im Geheimen und unter Eid nach einem mittelalterlichen Protokoll und verkündet ihre Entscheidung mit Rauchzeichen. Sie wählt den Vertreter ihres Gottes auf Erden, der sich dann in den 'Saal der Tränen' zurückzieht, wo er die Kleider und den Namen wechselt und schließlich auf den Balkon tritt, um der Welt seine Wahl zum absoluten Monarchen eines Kleinstaates und zum geistigen Führer von Millionen von Menschen verkündet. ... Wir können ihm gerne historische und politische Bedeutung beimessen. ... Aber letztlich ist es einfach eine undemokratische Wahl, die 'vom Heiligen Geist inspiriert' sein soll.“