Ukraine-Krieg: Was bringt ein Treffen von Trump und Putin?

US-Präsident Trump und Russlands Präsident Putin stehen offenbar unmittelbar vor einem Gespräch über die Beendigung des Krieges gegen die Ukraine. Das Treffen soll voraussichtlich nächste Woche stattfinden, eine Beteiligung des ukrainischen Staatschefs Selenskyj wurde von Putin abgelehnt. Kommentatoren sehen viele Hürden, aber auch etwas Bewegung.

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La Repubblica (IT) /

Gefahr von Kurzschlüssen

Zwei schwierige Charaktere treffen aufeinander, bemerkt La Repubblica:

„Trump und Putin sind beide unberechenbare Staatschefs, die die Regeln ihren momentanen Interessen anpassen und nicht zögern, gefährliche Spiele zu spielen. Daraus ergibt sich das Szenario eines Gipfeltreffens, das als Ergebnis des Drucks von Trump auf Putin erscheint, bei dem aber alles passieren kann, einschließlich Kurzschlüssen. Denn beide Protagonisten wollen sich gegenseitig übertrumpfen, und keiner von ihnen kann sich einen Fehler leisten: Der amerikanische Präsident braucht einen Erfolg in der Ukraine, um seine Wahlversprechen einzuhalten, während der Kremlchef mit erhobenem Haupt aus einem Konflikt hervorgehen muss, den er nicht gewinnen kann.“

Rzeczpospolita (PL) /

Die Reihenfolge ist entscheidend

Rzeczpospolita bleibt skeptisch:

„Bislang war der Kreml der Ansicht, dass die Einzelheiten des Friedensabkommens vor einem Waffenstillstand vereinbart werden müssen. Washington vertrat die gegenteilige Auffassung. Laut Washington Post könnte Putin jedoch einen teilweisen Waffenstillstand vorschlagen, bei dem die Bombardierungen und Luftangriffe eingestellt, die Kämpfe an der Front jedoch weitergehen würden. Ein solches Abkommen wäre allerdings sehr nachteilig für die Ukrainer, deren Drohnenangriffe tief im russischen Territorium immer erfolgreicher werden.“

The Spectator (GB) /

Über die Köpfe der Ukrainer und der EU hinweg

The Spectator sieht Licht und Schatten:

„Es ist bemerkenswert, dass Europa bei den geplanten Gesprächen vollständig außen vor bleibt. Offensichtlich geht Trump davon aus, dass er alles, worüber er sich mit Putin einigt, dem Rest der Welt als vollendete Tatsache präsentieren kann. ... Wie vielen Forderungen von Putin wird Trump bei den direkten Verhandlungen nachgeben? Viele Ukrainer werden sich fragen, welches Recht Trump hat, über ihre Köpfe hinweg zu verhandeln? ... Die gute Nachricht ist, dass Trump mit seiner Forderung nach direkten Gesprächen mit Putin einen schnellen Weg zum Ende des Krieges aufzeigt. Die schlechte Nachricht ist, dass dies wahrscheinlich zu Putins Bedingungen geschehen wird.“

Wiktor Schlintschak (UA) /

Nicht blenden lassen

Der Politologe Wiktor Schlintschak warnt auf Facebook davor, zu hohe Erwartungen an die Gespräche zu knüpfen:

„Der Verhandlungsprozess selbst, wie ihn Russland betreibt, ist ein hybrides Element dieses Kriegs. Russlands Ziel ist es, Stimmungsschwankungen zu erzeugen und illusorische Szenarien zu schaffen - und gleichzeitig unbeirrt seine strategische Linie der psychologischen Zermürbung zu verfolgen: gegenüber den USA, Europa und uns. Deshalb sollte man zunächst von den kritischsten Szenarien ausgehen und nicht in eine illusionäre Euphorie verfallen, dass der Krieg in 24 Stunden, 100 Tagen oder sechs Monaten enden würde. Enttäuschung ist derzeit ebenfalls kein Verbündeter für uns. Also: Lasst euch nicht voreilig blenden.“

Hospodářské noviny (CZ) /

Ungünstige Lage für Selenskyj

Hospodářské noviny analysiert:

„Auch wenn er ein Abkommen im Stil von 'über uns ohne uns' vermeiden will, ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj darauf angewiesen, dass sich Donald Trump und Wladimir Putin bei ihrem geplanten Treffen nächste Woche auf eine Lösung in Bezug auf die Ukraine einigen. Selenskyjs innenpolitische Lage verschlechtert sich, seine Popularität ist auf einem Rekordtief. Und die jüngste Gallup-Umfrage zeigte erstmals seit der russischen Invasion im Februar 2022, dass mehr Ukrainer Frieden durch ein Abkommen als durch einen militärischen Sieg wünschen. Nur noch 24 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Ukraine bis zum endgültigen Sieg kämpfen sollte, während 69 Prozent ein möglichst schnelles Ende des Kriegs wünschen.“

Moskowski Komsomolez (RU) /

Indien ist jetzt Trumps Prügelknabe

Nachdem US-Präsident Trump in einem Ultimatum höhere Zölle für Handelspartner Russlands angedroht hatte, laviert er nun für die kremlnahe Tageszeitung Moskowski Komsomolez wenig stringent zwischen mehreren Zielen:

„Warum wird Indien für die 'Fortsetzung der russischen Aggression' bestraft? Und wie passt das alles zu Trumps fieberhafter Euphorie und seinen Plänen, sich so schnell wie möglich, gar schon nächste Woche, mit Putin zu treffen? Der Schlag gegen Indien war offensichtlich schon 'eingetütet', und man beschloss, ihn nicht aufzugeben. Die Aufgabe, die Ukraine-Krise zu lösen, und die Aufgabe, Russland aus den weltweiten Energiemärkten zu verdrängen, sind in Trumps Kopf eng miteinander verbunden. Doch bleibt unklar, was ihm wichtiger ist. ... Zudem ist es Trump wichtig, jemanden demonstrativ zu demütigen. Jetzt wurde Indien unter Premier Modi für diese Rolle ausgewählt.“

Mladá fronta dnes (CZ) /

Genug Geduld bewiesen

Mladá fronta dnes fordert, dass Trump jetzt Russland in den Schwitzkasten nehmen muss:

„Gestern deutete nichts darauf hin, dass Wladimir Putin dem jüngsten Druck Washingtons nachgeben oder zumindest einen Kompromiss anbieten würde. Sollten sich die vorläufigen Schlussfolgerungen des Treffens bestätigen, bedeutet dies, dass Trump keine Wahl mehr hat. Zwar ist ein Frontalzusammenstoß der beiden Lokomotiven noch nicht nötig, doch der amerikanische Präsident muss gegenüber Russland nicht nur verbal härter auftreten, sondern auch seine früheren Versprechen einlösen. Niemand kann ihm vorwerfen, er sei mit Putin nicht äußerst geduldig gewesen. Gebracht hat das nichts. Jetzt sollte er daher zeigen, was seine Sanktionen bewirken können, wenn er sein Gesicht wahren will.“

Le Soir (BE) /

Frieden in weiter Ferne

Die Perspektiven für die Ukraine haben sich keineswegs verbessert, klagt Le Soir:

„Der US-Präsident glaubt selbst nicht so recht an die Wirkung dieser Drohungen, während das Kreml-Umfeld sich bereits bemüht, die Tragweite eventueller Maßnahmen zu minimieren. Welchen faulen Trick wird der Kreml aus seinem Hut ziehen, um das Unwetter vorbeiziehen zu lassen? Ein Angebot für einen beidseitigen Luft-Waffenstillstand? ... Wie dem auch sei, die Perspektive eines 'gerechten und dauerhaften Friedens' in der Ukraine scheint noch weit entfernt. Ganz zu schweigen von einer künftigen Vereinigung der Völker Europas mit einem befriedeten Russland.“

Echo (RU) /

US-Präsident drückt sich um die Sanktionen

Journalist Dmitri Kolesew äußert in einem von Echo übernommenen Telegram-Post keine hohen Erwartungen an das Gesprächsergebnis:

„Witkoff sprach drei Stunden mit Putin und berichtete dann Trump etwas, sodass dieser freudig von einem noch nicht da gewesenen Fortschritt redete. ... Es ist schwer zu glauben, dass Putin sich tatsächlich auf wesentliche Zugeständnisse eingelassen hat. Eher vermute ich, dass Trump nach jeder beliebigen Gelegenheit greift, um die versprochenen Sanktionen und Zölle nicht einzuführen, und jedweden neuen Schachzug Putins (wie einen angekündigten Luftkrieg-Waffenstillstand) als 'Fortschritt' darstellt. “

Keskisuomalainen (FI) /

Waffenstillstand wäre ein großer Fortschritt

Ein Friedensabkommen ist ein gegenwärtig schwer zu verwirklichender Kompromiss, weshalb Zwischenlösungen erstrebenswert sind, so Keskisuomalainen:

„Russland müsste akzeptieren, dass die Ukraine Sicherheitsgarantien von der Nato oder den westlichen Ländern erhält. Bei einem Frieden würde die Ukraine enorme Landverluste und möglicherweise auch Bevölkerungsverluste erleiden. Russland hingegen würde sein eigentliches Ziel, nämlich die Unterwerfung der Ukraine, nicht erreichen. Dafür müssten die europäischen Länder Sorge tragen. Eine schnelle Friedenslösung à la Trump ist in den nächsten Wochen kaum zu erwarten, aber wenn es zu einem Waffenstillstand käme, wäre das schon ein großer Fortschritt.“