Depardieu wegen sexueller Übergriffe verurteilt
Starschauspieler Gérard Depardieu ist in Paris wegen sexueller Gewalt gegen zwei Frauen bei einem Filmdreh zu einer 18-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Zudem wird er ins Register für Sexualstraftäter aufgenommen und muss sich psychologisch behandeln lassen. Die Medien diskutieren Frankreichs Defizite bei der moralischen und juristischen Bewertung sexueller Übergriffe.
Kommt die Wende?
In Frankreich keimt angesichts des Urteils Hoffnung auf einen Wandel auf, beobachtet die Journalistin Giulia Foïs in einem Gastbeitrag in Libération:
„In einer Zeit, in der Frankreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen ähnlicher Taten angeklagt wird, ist dies eine zusätzliche Note in einer Melodie, die langsam zu klingen beginnt. … Vielleicht kommt der französische Staat seinen Verpflichtungen nicht nach, vielleicht schützt er die Opfer nicht ausreichend, vielleicht ist er zu nachlässig gegenüber den Übergriffigen. Vielleicht ist die Justiz nicht wirklich gerecht. … Vielleicht sollte man dies endlich angehen. Vielleicht werden die Frauen, die dies tun, eines Tages besser behandelt. Und vielleicht werden die, die belästigen, die vergewaltigen, die brutal sind, verurteilt.“
Lächerliche Strafe, null Fortschritt
Das milde Urteil sendet die falsche Botschaft, beschwert sich The Independent:
„Wo bleibt die Strafe, die eine Warnung an alle sendet, die glauben, Frauen ungestraft Schaden zufügen zu können? Sollen wir dankbar sein, dass Depardieu, dessen Vermögen auf rund 250 Millionen Dollar geschätzt wird, zu einer Geldstrafe von 29.000 Euro verurteilt und in das Sexualstraftäterregister aufgenommen wurde? ... Wer geglaubt hat, der Fall Pelicot hätte mit den in Frankreich noch immer existierenden Klischees zu sexuellen Übergriffen aufgeräumt, wird eines besseren belehrt. Depardieus Anwalt bediente sich aller erdenklichen sexistischen Klischees, bezeichnete seine Opfer als 'Lügnerinnen' und 'hysterisch' und behauptete, sie stünden für einen 'radikalen Feminismus'.“
Was ohne Zustimmung geschieht, ist Gewalt
Der Schauspieler verschanzt sich hinter dem vermeintlichen Einverständnis seiner Opfer, wettert die Philosophin Michela Marzano in La Repubblica:
„'Die Erkenntnis, was das Wort Zustimmung bedeutet, fehlt ihm', erklärten die Richter. ... Hier liegt wohl der Kern des Problems. In diesem Missverständnis, das sich immer wieder hartnäckig und gewalttätig wiederholt, vor allem, wenn es sich bei dem Handelnden um einen berühmten, mächtigen Mann handelt, der es seit Jahrzehnten gewohnt ist, für seine Taten nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Der springende Punkt ist wieder einmal die Zustimmung. Das ist keineswegs ein obskures oder kontroverses Konzept, wie viele versuchen, es darzustellen. Es ist ganz einfach: Ohne Zustimmung gibt es nur Überwältigung.“